© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/10 26. März 2010

Brot und Salz, Gott erhalt’s
Deutschlands Bäcker laufen Sturm: Brüsseler Bürokraten wollen ein Grundnahrungsmittel normieren
Richard Stoltz

Jedes Land regt sich anders auf. Wenn in Frankreich die Rede auf die Normierungswut der Brüsseler EU-Bürokraten kommt, bringt man als schlimmstes Beispiel die Bananen. EU-Bananen müssen einen Krümmungsgrad zwischen zehn und zwanzig Prozent haben, was die Franzosen lächerlich finden. Die Engländer ihrerseits ärgern sich besonders über den Geruchsgrad von ländlichen Misthaufen, den die EU vorschreiben will. „Unsere Misthaufen stinken, wie sie wollen“, sagt man auf der Insel.

Jetzt haben auch die Deutschen ihr spezielles Symbol für EU-Schwachsinn. Es geht ums Brot. „Brot“, dekretieren die Brüsseler, „darf einen Salzgehalt von 1,3 Prozent nicht überschreiten“, wenn es fürderhin die Bezeichnung „gesundes Brot“ führen will. Der Salzgehalt soll künftig auf Packungen extra vermerkt werden. Das richtet sich vor allem gegen das deutsche Brot, dessen Salzgehalt je nach Sorte seit unvordenklichen Zeiten zwischen einem und zwei Prozent schwankt.

Die deutschen Bäcker laufen Sturm gegen die neue Verordnung, und zwar mit Recht. Deutsches Brot ist in aller Welt beliebt wegen seiner Vielfalt und seines Geschmacks; Vielfalt und Geschmack hängen aber zum nicht geringen Teil vom jeweiligen Salzgehalt ab. Was nun aus Brüssel droht, ist nichts geringeres als das europäische Einheitsbrot: eine matschige, geschmacksdiffuse Masse, die einem jede Lust auf Frühstück oder eine herzhafte Brotzeit verderben kann.

Mit ihrem Anschlag auf das traditionelle Brot haben die Brüsseler deutlich eine Grenze überschritten. Schließlich heißt es in der Bibel nicht: „Unsere tägliche Banane gib uns heute“ oder „Unseren täglichen Misthaufen gib uns heute“, sondern eben: „Unser täglich Brot gib uns heute!“ Das Brot ist nicht nur eine Lebensnotwendigkeit, sondern auch eine Freude, ein Kunstwerk geradezu. Nur so kann es auch ins Vaterunser passen.

In Brüssel nun will man dem Brot, indem man scheinbar nur über Salz redet, seine Aura rauben, seine unendliche Eigenart und Fülle. Denn das Salz gehörte immer dazu. Wie dichtete schon Horaz vor über 2000 Jahren? „Brot mit Salz wird den bellenden Magen gut besänftigen.“

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