© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/10 19. März 2010

WIRTSCHAFT
Das tapfere Schneiderlein
Jens Jessen

Nach monatelanger Neustrukturierung ist das Bundesgesundheitsministerium wieder voll arbeitsfähig. Die Zunahme der Reformvorhaben von Minister Philipp Rösler beweist das. Im Fokus steht der Arzneimittelmarkt. 30 Milliarden Euro hatten die Krankenkassen für verschreibungspflichtige Pharmazeutika 2009 zu schultern. Um fünf Prozent jährlich wachsen die Ausgaben. Einige Maßnahmen sollen das künftig verhindern. Dazu gehört die Umkehrung der Beweislast für die forschenden Arzneimittelhersteller. Sie sollen den Nachweis erbringen, daß ein neues Präparat besser als ein älteres ist und daher auch teurer sein kann. Für Arzneimittel, für die es kein Alternativpräparat gibt, sollen Hersteller und Kassen in Einzelverträgen Preise frei aushandeln, um das Preisdiktat der Hersteller für neue Medikamente zu brechen.

Mittlerweile ist die Pharmaindustrie zu grundlegenden Veränderungen in ihrer Preisgestaltung bei neuen Arzneimitteln und zu Preisverhandlungen bereit. Die Mitglieder des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller setzen bei einer Neuordnung auf Direktverträge zwischen Herstellern und Krankenkassen für alle patentgeschützten Arzneimittel. Rösler will jedoch mehr: Die Preise für Arzneimittel sollen mit Preismoratorien und Zwangsrabatten eingefroren werden. Eine Strukturveränderung des Arzneisystems soll insgesamt zu einer Preissenkung führen. Selbst die eigenen FDP-Parteifreunde haben Rösler wegen seiner Pläne gleich frontal angriffen. Der saarländische Wirtschaftsminister Christoph Hartmann etwa warf ihm vor, daß die von ihm vorgesehenen Eingriffe „Planwirtschaft“ seien. Ob es anders gehen könnte, verriet das Vorstandsmitglied des für „Effizienz und Kostenersparnis“ eintretenden Gesundheitsforums Saar nicht.

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