© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/10 12. März 2010

WIRTSCHAFT
Platons weiser Rat
Wilhelm Hankel

Den besten Rat, wer ihnen aus der gegenwärtigen Finanzkrise helfen könnte, bekommen die Griechen noch immer von ihrem größten und ihren Ruf als Kulturnation hochhaltenden Landsmann Platon. Dieser, ein hochpolitischer und lebensnaher Philosoph, gab bereits vor zweieinhalbtausend Jahren dem Herrscher von Syrakus den Rat, das gesamtgriechische Geld durch ein städtisches zu ersetzen. Nur so ließen sich die in der Stadt angestrebten Reformen durchsetzen und der Einfluß der schon damals verhängnisvollen internationalen Spekulation brechen. Dieser Rat ist aktueller denn je. Die zu Unrecht als „Anti-Europäer“ diffamierten Euro-Skeptiker der ersten Stunde legen ihn nicht erst seit heute den Griechen ans Herz.

Nur wenn das EU-Land den Euro-Club verläßt und in den Kreis der Vorzimmer-Länder des Europäischen Währungssystems (EWS/Wechselkursmechanismus II) hinüberwechselt, kann Griechenland seine 1974 zurückgewonnene Demokratie vor dem Polizeiknüppel bewahren und seine Prosperität zurückgewinnen. Sowohl der Chorleiter neoliberaler Gesangeskunst in den deutschen Medien, Ifo-Chef Hans-Werner Sinn, wie auch das Traditionsblatt versteckter britischer Ressentiments, die Financial Times Deutschland (FTD), nehmen den Ernstfall Griechenland zum Anlaß, sich still von unzeitgemäßen Positionen zu trennen. Sinn, einst feuriger Euro-Befürworter, empfahl vorige Woche den Griechen den Rücktritt ins Lager der Euro-Anwärter – sonst „bleibt uns nur die Möglichkeit ihnen das Geld zu schenken“. Die FTD, bislang britisch-eurokritisch, rät dringend zur Beibehaltung des Status quo – nur so könne man sicherstellen, daß Deutschland weiter kräftig zahlt. Ein Schelm, der solchen Experten Opportunismus unterstellt!

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