© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/10 26. Februar 2010

WIRTSCHAFT
Europas „Harry Potter“-Politik
Wilhelm Hankel

Die Euro-Zone steht vor ihrer Auflösung. Es dämmert Brüssels Eurokraten und deutschen EU-Phantasten, daß der nationale Trick mit der Verstaatlichung uneinbringbarer Bankschulden bei den „Club Med“-Ländern der Süd-EU nicht klappt. Der Auslösung Griechenlands, Spaniens, Portugals oder Italiens stehen nicht nur Vertrag und Statut der Europäischen Zentralbank (EZB) entgegen – viel schlimmer ist die Summe: Allein Griechenland hat Staatsschulden von über 300 Milliarden Euro – das sind 1.200 Euro pro Bürger der Euro-Zone! Jetzt rächt sich die „Harry Potter“-Politik des vergangenen Jahrzehnts. Mit dem Euro ging der Stabilitätsbonus der D-Mark auf Europas Schwachwährungsländer über. Mit dem Euro halbierten bis drittelten sich dort die Zinsen, das Abwertungsrisiko fiel fort. Für diese Länder wurde das zuvor verschlossene Verschuldungsfenster über Nacht weit aufgezaubert. Sie nahmen nun Kredite en gros auf.

Jetzt stehen Verführer und Verführte dumm da. Erneut haben die ökonomischen Gesetze bewiesen, daß es sie gibt! Für die bad countries der Euro-Zone gilt dasselbe wie für schlechte Firmen und Banken: Für ihre Schulden müssen sie selber aufkommen. Doch sie können den Bankrott aufhalten, wenn sie zu ihrer alten Währung zurückkehren und ihren Platz da einnehmen, wo er von Anfang an gewesen wäre: im Euro-Vorbereitungsraum des Wechselkursmechanismus WK II. Ein Staat mit eigener Währung geht nicht bankrott – er druckt im Zweifel den Bedarf. Im WK II gibt es den Anspruch auf Beistandskredite des Internationalen Währungsfonds und die Moratorien des Pariser Clubs, ihrer Gläubiger. Und sie können sich selber helfen: durch die Neubewertung ihrer Währung, wodurch ihr Export und Tourismus wieder attraktiv wird.

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