© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/10 26. Februar 2010

CDU-Kritiker rüsten sich für die nächste Runde
Konservatives Profil: Angesichts von mehr als 2.000 Unterschriften fühlen sich die Initiatoren des „Manifests gegen den Linkstrend“ bestätigt
Marcus Schmidt

Daß die CDU derzeit auf einer Erfolgswelle schwimmt, wird mit Blick auf die Umfragewerte der Partei in den Ländern niemand behaupten. In Hamburg laufen der Union, die sich hier zusammen mit ihrem grünen Koalitionspartner gegen den Widerstand zahlreicher engagierter Bürger daranmacht, das bewährte Schulsystem zu zerschlagen (JF 2/10), in Scharen die Wähler davon.

Nach einer am Montag veröffentlichten Umfrage liegt die CDU mittlerweile mit 31 Prozent gleichauf mit der SPD. Bei der Bürgerschaftswahl im Februar 2008 hatte die CDU noch 42,6 Prozent erreicht. Und auch in Nord-rhein-Westfalen droht der Union nicht erst seit der jüngsten Affäre um den Verkauf von Gesprächsterminen mit Landes-
chef Jürgen Rüttgers (siehe Seite 5) bei der Wahl am 9. Mai Ungemach.

Den Absturz in den Umfragen deuten Beobachter auch als Zeichen dafür, daß die Unzufriedenheit der Basis mit dem von Angela Merkel ohne Rücksicht auf konservative Stammwähler vorangetriebenen Umbau der CDU zur linksliberalen „modernen Großstadtpartei“ wächst. Diese Stimmungslage erklärt das große Echo, das das vor knapp zwei Wochen von parteiinternen Kritikern veröffentlichte „Manifest gegen den Linkstrend“ hervorgerufen hat (JF 8/10). Das Manifest prangert die Abkehr der Union von konservativen Grundsätzen der Partei an, die nicht zuletzt mit der Berliner Erklärung abermals an Fahrt gewonnen hat: Darin ruft die Parteiführung offen dazu auf, um Wähler von SPD und Grünen zu werben.

Bis zum Dienstag hatten nach Angaben der Initiatoren um den früheren CDU-Bundesrichter Friedrich-Wilhelm Siebeke und den Mitbegründer des Arbeitskreises Engagierter Katholiken in der CDU, Martin Lohmann (siehe auch das Porträt auf Seite 3), bereits mehr als 2.000 unzufriedene CDU-Mitglieder, Funktionäre und Sympathisanten das Manifest unterzeichnet. Darunter sind nach Angaben von Siebeke gerade auch zahlreiche Funktionsträger des RCDS und der Jungen Union. „Die Resonanz auf unsere ‘Aktion Linkstrend stoppen’ ist noch größer, als wir angenommen hatten. Wir werden deshalb in der nächsten Woche mit einer neuen Anzeigenserie nachlegen“, sagte Siebeke.

Mit den Namen der Neuunterzeichner hält sich die Initiative derzeit allerdings noch bedeckt – mit guten Gründen, wie Pressesprecher Kai Przybilla erklärt. Man fürchte bei einer vorzeitigen Bekanntgabe der Namen, daß die CDU-Mitglieder unter den Unterzeichnern von der Parteiführung unter Druck gesetzt werden, ihre Unterschrift wieder zurückzuziehen.

Im Berliner Konrad-Adenauer-Haus wird die Entwicklung ganz genau beobachtet. Darauf deuten nicht nur die schmallippigen Äußerungen von Generalsekretär Hermann Gröhe und dem Parlamentarischen Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Peter Altmeier, hin, die bereits in der vergangenen Woche versucht hatten, die Initiative abzuwürgen. Fraktionsvize Wolfgang Bosbach fühlte sich gegenüber Spiegel Online zu der Aussage genötigt, er halte zu der Initiative „Abstand“.

Nicht nur in der CDU-Zentrale, sondern auch bei der Schwesterpartei CSU wird das Rumoren an der Basis aufmerksam verfolgt. Der CSU-Politiker Alois Glück, seit vergangenem Jahr Präsident des Zentralkomitees deutscher Katholiken, bemängelte gegenüber der Welt das Fehlen christlich-konservativer Identifikationspersonen in der CDU. „Was wir brauchen, das sind Konservative mit Gestaltungskraft, die zum Beispiel das längerfristige Denken verkörpern, Verantwortung für die Schöpfung und mit der Bereitschaft, um der nächsten Generation willen die eigenen Ansprüche zurückzuschrauben“, umreißt er sein Idealbild.

Nur einer versteht die ganze Aufregung um das fehlende konservative Profil der CDU nicht: der mittlerweile auch bei den linken Globalisierungskritikern Attac aktive früherer Generalsekretär Heiner Geißler. In der CDU seien konservative, liberale, christlich-soziale Strömungen zusammengeflossen, aber die CDU sei nicht eine reine Addition dieser Strömungen, „sondern ist eine Partei neuen Typs“, sagte Geißler dem Deutschlandradio Kultur. „Wir sind keine konservative Partei, sondern eine christlich-demokratische Partei.“ Entsprechend teilte Geißler gegen den Arbeitskreis Engagierter Katholiken aus, dem Martin Lohmann als Sprecher vorsteht: „Das sind die Piusbrüder der CDU.“

Die CDU-kritische Initiative im Internet: www.linkstrend-stoppen.de

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