© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/10 26. Februar 2010

Kolumne
Natürlich muß Deutschland zahlen
Bruno Bandulet

Wenn ich in diesen Tagen in den Zeitungen lese, daß sich Griechenland den Eintritt in die Europäische Währungsunion erschlichen hat, daß die Griechen ihre Statistiken gefälscht haben und daß wir alle betrogen wurden, dann kann ich nur müde lächeln. Alles war – von ein paar technischen Finessen abgesehen – bekannt. Erinnern wir uns: 2001 bekam Griechenland das Plazet zum Eintritt in die Euro-Zone, und am 1. Januar 2002 wurden die neuen Banknoten mit dem Aufdruck in lateinischen und griechischen Buchstaben in den Verkehr gebracht.

Schon damals lag die griechische Schuldenquote weit über dem im Maastrichter Vertrag geforderten Maximum von 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Nicht nur die griechische. „Die Manipulation der Konvergenzkriterien in Griechenland“, schrieb ich im April 2000 im DeutschlandBrief, „stellt alles in den Schatten, was schon vor 1999 in Italien, Belgien und anderswo praktiziert wurde.“

Die Wahrheit ist, daß der Euro von Anfang an auf Rechtsbruch, Betrug und Täuschung – vor allem der deutschen Öffentlichkeit – gegründet war. Martin Seidel, Rechtsberater der deutschen Delegation während der Maastrichter Verhandlungen und Mitautor des Vertrags, sagte am 15. November 1998 der Welt am Sonntag: „Der Vertrag ist eine lex imperfecta. Von seiner rechtlichen Qualität her ist er von geringem Wert; er hat nur appellativen Charakter. Sie können gegen Verstöße nicht klagen.“

Jetzt sind wir auf Gedeih und Verderb den früheren Schwachwährungsländern ausgeliefert. Ausschließen kann man sie nicht, denn die Bundesregierung war so fahrlässig, den Vertrag auf Ewigkeit abzuschließen. Austreten aus dem Euro werden die Griechen auch nicht so schnell, weil sie dann gleich auch noch den Staatsbankrott anmelden müßte. Also muß jemand in die Tasche greifen, und zwar nicht nur einmal.

Wenn wir alles zusammenrechnen, einschließlich der deutschen Netto-Zahlungen an die EU und der dank Euro entgangenen Bundesbankgewinne, dann hat die Einheitswährung den deutschen Steuerzahler bislang einen dreistelligen Milliardenbetrag gekostet. Und jetzt ist die Berlin dabei, ein ganz dringendes Rettungspaket für Athen zu schnüren. Deutschland spielt wieder einmal den big spender der EU. Nur hat der schon lange keine tiefen Taschen mehr, wie die angelsächsische Presse behauptet. Griechenland zu studieren, heißt wohl auch, einen Blick in die eigene Zukunft zu werfen.

 

Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des Finanzdienstes Gold&Money Intelligence.

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