© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/10 19. Februar 2010

Kolumne
Teure Pfade der Umwelttugend
Rolf Dressler

Pseudo-religiös und ökopolitisch militant-korrekt verkauft man dem gemeinen Laienvolk den Glaubenssatz: Strom aus erneuerbaren Energiequellen sei per se sinnvoll, und einzig auf diesem Pfad der Umwelttugend könne es angeblich sogar gelingen, die Strompreise zu senken.

Die Sprücheklopfer hören wir wohl – aber reinen Wein schenken sie uns Verbrauchern gerade dann nicht ein, wenn just abermals eine kräftige Strompreiserhöhungswelle anrollt. Nein, so richtig verschweigen die Stromlieferanten und Stromdurchleiter, vorwiegend kommunale Betriebe, ja nicht, wer die Verursacher sind und wo tatsächlich die Ursachen liegen. Wer weiß schon etwas anzufangen mit Kürzeln wie EEG und EEG-Umlage, wenn ihm in gewundenen Worten mitgeteilt wird, daß das „Erneuerbare Energien-Gesetz“ (EEG) leider zu wiederum deutlich höheren Kosten führe, was eine neuerliche, kunstvoll so genannte Preisanpassung zum 1. Februar 2010 leider unausweichlich mache?

Dem Faß fast ohne Boden kommt nur auf den Grund, wer beharrlich genau hineinschaut. Der Kasus Knacktus: Die Politik gestattet der lobbymächtigen Energiewirtschaft, die EEG-Umlage Anno 2010 um sage und schreibe 73 Prozent zu erhöhen; nämlich von 1,18 Cent je Kilowattstunde auf nunmehr 2,047 Cent. In der ewigen Zwangsrolle von Zahlemann & Sohn sehen sich dabei wie gehabt  auch jetzt wieder die zig Millionen ohnmächtiger Privatstromkunden. Frohgemut die Hände reiben können sich indes, wie gehabt, die erkleckliche Schar der Stromvielverbraucher, die Großindustrie vor allem, und natürlich die Stromerzeuger an den notorisch prall gefüllten Hauptkassen dieses wahrlich goldenen Selbstläufergeschäfts.

Drei von vier Deutschen würden ihren Strombedarf lieber heute als morgen komplett aus Wind-, Wasser-, Sonnen- und Biomasse-Kraftwerken decken. Das klingt löblich bis fantastisch und wird von der Lobbyagentur für Erneuerbare Energien frenetisch gefeiert, als Erfolg der eigenen politischen und medialen Durchschlagskraft. Es hat aber wenig mit der Realität, dem Machbaren und dem objektiv Wünschenswerten zu tun. Man beachte dazu: Die horrende (Steuergeld-)Subventionierung von Solaranlagen immerhin soll spürbar gekürzt werden. Und: Mehr Energie aus Windkraft senkt nicht etwa die Abhängigkeit von ausländischem Gas, sondern verstärkt sie sogar noch – weil Gaskraftwerke immer dann „einspringen“ müssen, wenn der Wind, wie hierzulande häufig, nicht ausreichend weht.

 

Rolf Dressler war langjähriger Chefredakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld und ist nun freier Journalist.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen