© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/10 19. Februar 2010

„Twilight-Fieber“: Vampirsaga sorgt für hysterische Fans und volle Kinokassen
Amerikas Antwort auf Harry Potter
Herdis Helgenberger

Es wird „Fieber“ genannt, Virus oder sogar Epidemie, was Millionen junge Frauen weltweit erfaßt hat. Keine Frage: Mit ihrer vierteiligen Vampir-Romansaga „Twilight“ („Zwielicht“) hat die US-amerikanische Autorin Stephenie Meyer einen Coup gelandet, der es ohne weiteres mit dem kommerziellen Siegeszug des allseits beliebten „Harry Potter“-Zauberschülers der Britin Joanne K. Rowling aufnehmen kann.

Spätestens mit der Inkarnation des faszinierenden Vampirhelden Edward Cullen von Buch- auf Kinoformatgröße gelang es Meyers modernem Erwachsenenmärchen, eine gigantische Vermarktungsindustrie in Gang zu setzen, die von Verlagen, Kinoverleihern, Fanartikel-Herstellern, Reiseveranstaltern bis hin zu interessierten Kosmetik- und Bekleidungsfirmen auch diejenigen Branchen mit frischem Geldfluß versorgt, die wirtschaftlich zumeist etwas blaß um die Nase aussehen.

Die Reportage versucht, die Ursachen dieser weltweit entfachten Faszination für die romantische Liebesgeschichte zwischen dem rätselhaften „Edelvampir“ (Literaturwissenschaftlerin Susanne Becker) Edward und der Highschool-Schülerin Bella psychologisch wie soziologisch zu ergründen. So ist die cineastische Verarbeitung des Mythos vom blutsaugenden Übermenschen immer auch als Folie zu verstehen, auf der die jeweilige Zeitepoche ihre Sehnsüchte, Erwartungen, aber auch den Stand ihrer Sexualmoral abbildet. Seine „Außenseiterrolle, Stärke und Macht führen dazu, daß sich die Jugendlichen mit ihm identifizieren“, erklärt der Jugendpsychiater Stèphane Clerget den Erfolg. Gleichwohl gehört die bedingungslose Bewunderung für kulturell vermittelte Idealfiktionen zu den längst bekannten, weil regelmäßig wiederkehrenden Erscheinungen westlicher Konsumnationen. Prädikat für das „Twilight“-Fieber: alter Wein in neuen Schläuchen.

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