© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/10 19. Februar 2010

Nach dem Kampf kommt die Überzeugungsarbeit
Geschichtspolitk: Nach ihrem Verzicht auf einen Sitz im Stiftungsrat des Vertriebenenzentrums muß Erika Steinbach nur noch die Vertriebenen überzeugen
Marcus Schmidt

Mit ihrem Verzicht ist der Kampf um einen Sitz im Stiftungsrat der Vertriebenenstiftung für Erika Steinbach beendet. Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) wertet den in der vergangenen Woche mit den Fraktionen von Union und FDP ausgehandelten Kompromiß als Erfolg – andere, auch in ihrem eigenen Verband, sehen Steinbachs Verhandlungsergebnis dagegen durchaus kritisch (siehe auch den Kommentar auf Seite 2).

Im Gegenzug zum Verzicht der BdV-Präsidentin auf einen Sitz in dem Stiftungsrat erhält der BdV sechs statt bisher drei Sitze in dem Gremium. Gleichzeitig wird deren Zahl von 13 auf 21 aufgestockt. Aus Sicht Steinbachs ist jedoch entscheidend, daß die Bundesregierung durch die Vereinbarung ihr Vetorecht verliert. Die Mitglieder des Gremiums sollen künftig vom Bundestag und nicht mehr von der Bundesregierung berufen werden. Damit kann in Zukunft kein Mitglied mehr von einem einzelnen Kabinettsmitglied blockiert werden – so wie Steinbach durch das angedrohte Veto von Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Zu den Zugeständnissen an den BdV gehört auch die Vergrößerung der Ausstellungsfläche für die geplante Dauerausstellung im Berliner Deutschlandhaus von 2.200 auf 3.000 Quadratmeter. Außerdem soll das Lastenausgleichsarchiv in Bayreuth, in dem zahlreiche Erlebnisberichte archiviert sind, digitalisiert und in die Ausstellung integriert werden.

Daß die in aller Öffentlichkeit ausgetragene Auseinandersetzung mit Westerwelle nicht spurlos an Steinbach vorbeigegangen ist, wurde vergangene Woche bei der Vorstellung der Ergebnisse der Verhandlungen mit den Regierungsfraktionen deutlich. Die BdV-Präsidentin vermied es, Westerwelle namentlich zu erwähnen, und sagte nur, die Regelung sei auch ein Weg, „um dem Außenminister das Leben zu erleichtern“. Sie wolle nicht von Gewinner nund Verlierern sprechen. Vielmehr sei der Kompromiß ein „Zugewinn an sich“ für das Vertriebenenzentrum. Wenig überraschend lobten Vertreter von Union und FDP den ausgehandelten Kompromiß. Der vertriebenenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Klaus Brähmig (CDU), hob ausdrücklich Steinbachs „Kompromißbereitschaft“ hervor.

Wie immer man den Ausgang des Streits bewertet, die eigentliche Arbeit dürfte Erika Steinbach noch bevorstehen. Sie räumte mit Blick auf die Basis ihres Verbandes ein, daß sie noch Überzeugungsarbeit leisten müsse, damit die Mitglieder begreifen, daß es richtig war, als Präsidentin des BdV auf einen Sitz im Stiftungsrat zu verzichten. „Ich traue mir die Kraft zu, die Basis zu überzeugen“, sagte Steinbach. Das BdV-Präsidium nahm den Kompromiß immerhin einstimmig an.

Nun ist es an den Regierungsfraktionen, das Stiftungsgesetz möglichst rasch zu ändern. Doch auch wenn das schnell über die Bühne geht, dürfte die Eröffnung des Vertriebenenzentrums noch auf sich warten lassen. Nach Auskunft von Erika Steinbach muß das Deutschlandhaus am Rande des Berliner Zentrums, abseits der großen Touristenströme, saniert werden, auch stehe noch der Architekturwettbewerb aus. Bis zur Eröffnung dürften daher wohl noch drei Jahre vergehen. Spätestens dann könnte Erika Steinbach bei einem gemeinsamen Rundgang mit Guido Westerwelle durch die Ausstellung den Streit endgültig beerdigen. „Vielleicht kommt er ja“, sagte sie.

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