© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/10 19. Februar 2010

Aufgeschnappt
Optische Täuschungen
Matthias Bäkermann

Mehrfach ins Gesicht getroffen wurden jüngst einige Personen, denen ihr Aussehen zum Verhängnis wurde. In den frühen Morgenstunden des 2. Februar stoppte eine Gruppe „südländischer Personen“ eine 31jährige Hildesheimerin und ihren elf Jahre jüngeren Begleiter, wie der Bericht der Polizeiinspektion Hildesheim vermeldete. Sie wurden von dem Pulk mit einem Messer bedroht, geschlagen und getreten – die Folge waren Schnittverletzungen, ausgeschlagenen Schneidezähne und Hämatome. Die Frau ist seit dem Überfall gar auf einem Ohr stark hörbeschädigt. Als Grund gaben die von der Polizei gestellten Täter „mit Migrationshintergrund“ an, daß sie die vermeintlich als „Nazischweine“ identifizierten Südniedersachsen verjagen wollten. Daß diese der örtlichen Punkerszene zugerechnet werden und gerade von einem einschlägigen Event auf dem Gelände der Kulturfabrik Löseke kamen, dürfte weder den Tätern noch ihren Opfern weiterhelfen.

So sind nämlich auch Leute aus dieser Szene vor peinlichen optischen Täuschungen nicht gefeit, wie ein Zwischenfall eine Woche später im siebzig Kilometer entfernten Göttingen dokumentiert: Dort fiel ein 27jähriger Punker auf dem Bahnhof einen Berufsschüler an und schlug diesem mehrfach mit Fäusten ins Gesicht, wie die Nordsee-Zeitung berichtet. Der Schläger hielt ihn wegen seiner kurzen Haare und einer schwarzen Jacke für einen „Nazi“. Selbst die hinzugerufenen Polizisten wurden als solche beschimpft, was vielleicht an ihrer neuen, fast schwarzen Uniform liegen könnte.

Womöglich wird die Polizei als nächstes Übergriffe politisch engagierter Berufsschüler auf verwechselte „Südländer“ melden.

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