© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/10 12. Februar 2010

Konfliktpotential
Dresden: Polizei stellt sich auf Auseinandersetzungen ein
Felix Krautkrämer

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden war unmißverständlich: Die Beschränkung des von der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) angemeldeten Trauermarsches anläßlich der Bombardierung Dresdens auf eine stationäre Kundgebung verstößt gegen die vom Grundgesetz garantierte Versammlungsfreiheit. Damit scheiterte die Stadt Dresden mit dem Versuch, die von der JLO für Sonnabend angemeldete Demonstration durch die Elbstadt zu unterbinden (JF 6/10). Zwar hat Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt, es gilt aber als unwahrscheinlich, daß das Oberverwaltungsgericht Bautzen an diesem Donnerstag die Demonstration in zweiter Instanz kippt. Und so dürfte die Polizei am Wochenende alle Hände voll zu tun haben.

Immerhin rechnet die JLO laut ihrem stellvertretenden Bundesvorsitzenden Kai Pfürstinger mit mehr als 7.000 Teilnehmern aus Deutschland, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Frankreich und Spanien. Auch zahlreiche NPD-Politiker, darunter die sächsischen Abgeordneten, haben ihr Kommen angekündigt. Zusätzlich rufen mehrere NPD-Landesverbände auf ihren Internetseiten zur Unterstützung des Trauermarsches „für die deutschen Opfer des alliierten Bombenterrors“ auf. Im vergangenen Jahr gehörte neben dem sächsischen NPD-Fraktionsvorsitzenden Holger Apfel auch DVU-Chef Matthias Faust zu den Gastrednern.

Den Vorwurf, die JLO mißbrauche den Gedenktag der Bombardierung Dresdens für politische Zwecke, weist Versammlungsleiter Pfürstinger dennoch zurück. Parteifahnen beispielsweise seien auf der Demonstration unerwünscht. „Wir erheben keine politischen Forderungen, sondern wollen an die Zerstörung der Stadt erinnern und ein Zeichen gegen das ständige Herunterrechnen der Zahlen setzen“, sagte Pfürstinger gegenüber der jungen freiheit. Die JLO veranstalte den Trauermarsch schon seit den neunziger Jahren – stets geordnet und diszipliniert. Es würden keine Parolen gerufen. Statt dessen gingen die Teilnehmer schweigend nebeneinander. „Erst als wir von Jahr zu Jahr größer wurden, begannen Politik und Medien uns zu kriminalisieren“, ärgert sich Pfürstinger. Durch linke Gegengewalt sei der Trauermarsch dann zusätzlich immer mehr politisiert worden.

Zu Gewalt könnte es auch in diesem Jahr kommen. Linke Gegendemonstranten mobilisieren seit Wochen für Protestveranstaltungen. Ein Bündnis mit dem Namen „Nazifrei! Dresden stellt sich quer“ will die Demonstration der JLO blockieren (JF 5/10). Die Polizei rechnet mit mehreren tausend Teilnehmern, darunter mehr als 1.500 gewaltbereite „Autonome“, wie ein Sprecher auf Anfrage der JF mitteilte. Die Vorbereitungen für den Einsatz liefen seit Dezember auf Hochtouren. Über vierzig Hundertschaften aus dem ganzen Bundesgebiet sollen am Sonnabend in Dresden dafür sorgen, daß JLO und Gegendemonstranten nicht aufeinandertreffen. Gleichzeitig sollen Ausschreitungen von Linksextremisten wie im vergangenen Jahr verhindert werden.

Ob das gelingt, darüber herrscht selbst auf seiten der Polizei Zweifel. Aber, so der Polizeisprecher, so einfach wolle man die Flinte nicht ins Korn werfen. Schließlich habe das Gericht die Demonstration erlaubt, und nun sei es die Aufgabe der Polizei, dafür zu sorgen, daß die verschiedenen Veranstaltungen auch stattfinden können.

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