© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/10 05. Februar 2010

UMWELT
Kamele töten für den Klimaschutz
Volker Kempf

Wenn bei uns Nachrichten aus Australien verbreitet werden, muß schon etwas Besonderes passiert sein: Eine Million wilder Kamele läuft auf dem kleinsten Kontinent herum und produziert soviel Klimagase wie 300.000 Autos. Also sollen diese Tiere nun abgeschossen werden – für den Klimaschutz. Dort ist zudem gerade Hochsommer. Und die Sorge, daß die Temperaturen in den nächsten Jahrzehnten noch weiter steigen, mag die australische Phantasie beflügelt haben. Ein Eisbeutel auf dem Kopf könnte dem kühlen Verstand wieder auf die Sprünge helfen. Aber mittlerweile ist die Problematik über das Niveau von Randmeldungen hin zu größeren Berichten und Artikeln ausgeweitet worden: Australien hat Probleme mit eingeschleppten Tierarten.

Zu den Bioinvasoren gehören die Kamele, aber auch geschätzte 23 Millionen wilde Schweine, fünf Millionen Esel und 300.000 Pferde in freier Wildbahn. Der Klimawandel ist also nur ein Hilfs-argument. Denn wilde Kamele  verursachten auch Schäden und verbreiteten Krankheiten, heißt es. Was soll aber nun aus den zum Abschuß freigegebenen Kamelen werden? Eine Gruppe saudischer Tierfreunde hat das Problem erkannt und im Internet eine Kampagne zur Rettung von 6.000 wilden australischen Kamelen gestartet. Die in Dschidda erscheinenden Arab News zitieren einen wohlhabenden saudischen Kamelbesitzer, der die Sicht der Australier nicht teilt und bereit sei, 80 Kamele aus Australien aufzunehmen. Hunderte von Saudis wollen sich überdies an den Kosten für die Überführung der Höckertiere beteiligen, die in dem Wüstenkönigreich als wertvolle Gefährten der Menschen gelten. Genügend Geld dafür soll bereits gesammelt worden sein – Klimaschutz hin oder her.

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