© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/10 05. Februar 2010

„Keine Zwangsbeglückung durch religiöse Bauten“
Hamburg: Im Stadtteil St. Pauli wehrt sich die linksalternative Szene verbissen gegen die Pläne, ein buddhistisches Heiligtum zu errichten
Sverre Schacht

Ein „Ruhepunkt“ in der „internationalen und weltoffenen Stadt“ Hamburg soll sie sein – eine Stupa, ein „Kunstbau mit buddhistischem Hintergrund“. So wirbt der Verein Stupa Hamburg e.V. für den Bau eines tempelartigen Monuments auf dem Neuen Pferdemarkt im legendären Stadtteil St.Pauli nahe dem grünen Parkgürtel um die Innenstadt. Dort schlägt das linksalternative Szene-Herz der Metropole.

Ein anerkannter buddhistischer Stupa-Baumeister aus Nepal, Sherab Gyaltsen Rinpoche, soll das „Geschenk an die Stadt“ nach dem Willen des Vereins bauen. Buddhisten in ganz Norddeutschland arbeiten bereits an den im Inneren des kugelig-spitzen Werks nach religiöser Tradition unterzubringenden Mantras und kleinen Buddha-Figuren. Das zuständige SPD-geführte Bezirks­amt hat den Standort bereits 2008 genehmigt. Lokalpolitiker von den Grünen bis zur CDU sowie die christlichen Kirchen äußerten sich positiv über das Vorhaben. Von offizieller Seite lehnt allein die Stadtentwicklungsbehörde ab, das Projekt am gewünschten Ort zu realisieren. Begründung: Ein religiöser Bau im öffentlichen Grün, das habe es an der Elbe noch nie gegeben. Die Stupa, in die nach Vereinsangaben schon 50.000 Euro investiert wurden, solle bitte in den „Garten der Religionen“.

Der entsteht in fünf Jahren im vergleichsweise abgelegenen Süden der Hansestadt anläßlich einer Internationalen Gartenbauausstellung. Der Sprecher der Behörde, Volker Dumann, ergänzt: „Und wenn eine damit anfängt, kann es sein, daß alle möglichen nachziehen.“ Mit „alle möglichen“ Religionsgemeinschaften sind offensichtlich vor allem die Muslime gemeint. Das spricht zwar kaum einer offen aus, die Kommentatoren zahlreicher Internet-Diskussionsforen zur Stupa ziehen jedoch die Parallele: Gegen Moscheen regte sich – ob mit oder ohne Minarett – in der Hansestadt bisher kein vergleichbarer Widerstand. Der trifft nun die Buddhisten. Der Initiatoren-Verein betont vorsichtshalber, ihr Baumeister habe schon in „einem öffentlichen parkähnlichen Gelände“ Buddha-Statuen errichtet. Umsonst: Die Stadtentwickler sind in ihrer Ablehnung nicht allein. Auch die Anwohner-Gemeinschaft Neuer Pferdemarkt will „keine Zwangsbeglückung durch religiöse Bauten“.

Der Platz werde schon genutzt, so die Gruppe – für Boule und Basketball. Partys und Außengastronomie auf „ihrem“ Platz mißfallen der linken Szene schon jetzt, und dann noch eine bis zu neun Meter hohe, weiß-goldene Stele im Grüngebiet des Platzes – da stellt sich auch die alternativste Seele quer: „Der Platz soll bleiben, wie er ist“, lautet das ungewohnt konservative Credo dieser Interessengruppe. Dem stimmt die linke Initiative „Recht auf Stadt“ voll zu. Engagement „gegen“ zeichnet sie aus – gegen städtische Projekte aller Art, vor allem aber gegen die „Gentrifizierung“, den Zuzug Wohlhabender. Die Stupa wird so trotz aller Friedensbeteuerungen ihrer Befürworter zum doppelten Feind-Symbol: erstens Buddhismus, also Religion, zweitens deren Anhänger – wohlhabende, sinnsuchende Stadtteilnachbarn aus den vornehmeren Quartieren an der Alster.

Weitere Informationen im Internet unter www.stupa-hamburg.de  und http://ampferdemarkt.wordpress.com/stupa/

Foto: Stupa in Letzehof, Österreich: Bald auch in Hamburg?

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