© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/10 29. Januar 2010

Meldungen

Finanzkrise: Experiment zur Psychologie der Gier

FRANKFURT/M. Nach Auskunft aller wirtschaftswissenschaftlich relevanten Auguren wird die Wirtschafts- und Finanzkrise erst 2010/11 den Arbeitsmarkt mit voller Wucht treffen. Um vor einem ähnlichen, von manchen für 2015 als „sicher“ prophezeiten Finanz-Tsunami früh warnen zu können, simulieren Heidelberger Ökonomen das Auftreten von Spekulationsblasen auf den internationalen Finanzmärkten. Will man dem dortigen Professor für Wirtschaftstheorie Jörg Oechssler vertrauen, scheint dabei alles eine Frage von Psychologie und geschickter Kommunikation zu sein. Oechssler, der sich auch mit Spieltheorie befaßt hat, glaubt in Experimenten mit aktienhandelnden Studenten nachgewiesen zu haben, wie der irrationale Glaube an monströse Gewinnerwartungen, gespeist von vermeintlichen „Insider-Informationen“, das Börsen-Glücksrad in Schwung bringt. Wie zufällig aussehende, tatsächlich von „interessierten“ Marktteilnehmern manipulierte Preisbewegungen würden fehlinterpretiert als Anzeichen für eine Information – wie zuletzt über angeblich stabile Grundstückspreise in den USA –, die ohne Realitätsgehalt ist (Ruperto Carola, 2/09). 

 

Soziologiegeschichte: Rasse und Werturteil

WIESBADEN. Max Weber, einen der großen deutschen Mandarine, führt uns Hartmut Schleiff als Verlierer vor (Leviathan, 4/09). In der von ihm mitbegründeten Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) habe der Heidelberger Nationalökonom es 1910 nicht vermocht, sein methodologisches Credo der „Werturteilsfreiheit“ verbindlich zu installieren. Trotz meisterlicher Regie, die den Verfechtern einer naturwissenschaftlich orientierten, „biologistischen“ Sozialwissenschaft auf dem DGS-Gründungskongreß eine herbe Niederlage zufügte, sei es langfristig nicht gelungen, das Thema „Rasse“ als „unwissenschaftlich“ aus den DGS-Verhandlungen zu eliminieren. Obwohl die Verfechter des Rasse-Paradigmas keine empirisch überprüfbaren Theoreme inaugurierten und die von ihnen angestrebte Verfestigung sozialdarwinistisch-elitärer „Bio-Macht“ weniger „Starker“ über die vielen „Schwachen“ ideologisches Postulat blieb, habe sich schon auf der DGS-Tagung 1912 gezeigt, daß Webers „Werturteilsfreiheit“ als Fundament geisteswissenschaftlicher Soziologie nicht überzeugte.

 

Erste Sätze

Bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts hat die Philosophie das deutsche Geistesleben beherrscht.

Hans Richert: Philosophie. Ihr Wesen, ihre Probleme, ihre Literatur, Leipzig 1912

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