© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/10 08. Januar 2010

Frisch gepresst

Alliierte gegen Sowjets. Obwohl die Aktenfunde, die deutsche Soldaten 1940 in Frankreich machten, Sensationelles enthüllten, fanden die alliierten Kriegspläne zur Ausweitung des bis dahin nur in Polen und Norwegen „heißen Krieges“ in der Geschichtsschreibung des Zweiten Weltkriegs keinen großen Widerhall mehr. Einerseits wurden sie von der Realität schnell überholt, mehr noch aber sollte aus der Sicht der späteren Sieger über das völkerrechtlich peinliche Thema schnell wieder Gras wachsen und das schöne Bild des einzig auf Abwehr des Aggressoren Hitlers trachtenden alliierten weißen Ritters nicht getrübt werden. Besonders weit gingen dabei die Absichten der Franzosen: „Eine alliierte Militäraktion im Kaukasus, durchgeführt mit Bomberflotten und mit der Unterstützung der Türkei und wenn möglich des Iran, abgestimmt mit der Aktion in Skandinavien, wird die Blockade Deutschlands vollständig machen“, wie der offizielle „Kriegsplan für 1940“ des französischen Generalstabschef verkündete. Der Publizist Günther Deschner präsentiert nun in der Kaplaken-Reihe der Edition Antaios diese „Kriegspläne der Alliierten gegen die Sowjetunion 1939/1940“ (Bomben auf Baku. Schnellroda 2009, gebunden, 91 Seiten, 8,50 Euro). So wurden bereits im April 1940 britische Aufklärungsflüge gegen die sowjetischen Ziele unternommen und modernste alliierte Bomberstaffeln und „mechanisierte Eliteverbände“ im Irak und Syrien stationiert, die dann gegen den Siegeszug der Wehrmacht nur Wochen später dringend fehlten.

 

Westpreußen. Manchmal ist die Welt ein Dorf – wenn nämlich die abgelegensten Nester noch den Eindruck vermitteln, alles hinge mit allem zusammen. So berichtet der 1937 im westpreußischen, 1920 an Polen abgetretenen Kreis Löbau geborene Hans Georg Brunst von einer unbeschwerten Kindheit im Weiler Lonkorsch (Abschied von Lonkorsch. Erinnerungen an Kindheit, Flucht und Nachkriegszeit. Frieling-Verlag, Berlin 2009, gebunden, 225 Seiten, Abbildungen, 34,90 Euro). Und doch führt die Autobiographie über Provinzielles hinaus. Sein Großvater, ein Gärtner, zog 1905 von Danzig in die Einöde Lonkorschs, weil ihn „ein Arzt“ namens Dr. Lange im benachbarten Lonkorrek zur Parkpflege einstellte. Dabei handelt es sich um Friedrich Lange (1846–1928), der nach dem Medizinstudium in Königsberg in die USA auswanderte, dort ein Vermögen erwarb, nach der Rückkehr sich als ein von der preußischen Kultus- wie Medizinalverwaltung hochgeschätzter Mäzen betätigte.  Überdies bewährte er sich als Arzt Paderewskis, des ersten Präsidenten der Polnischen Republik. Von Langes Großzügigkeit profitierte auch Brunsts Großvater, dem der Mediziner einen Hof schenkte. Dort wuchs Brunst bis zur Flucht im Januar 1945 auf.

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