© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/10 08. Januar 2010

Frisch gepresst

Markt-Propheten. Ludwig Erhard soll einmal gesagt haben, daß Wirtschaft zu 50 Prozent aus Psychologie bestehe. Vielleicht ist Mohamed El-Erian eine Bestätigung dieser Theorie, über den die Financial Times Deutschland schrieb, seine Worte könnten „inzwischen mittlere Erdbeben an den Finanzmärkten auslösen“. In seinem Buch „Märkte im Umbruch – Investmentstrategien in Zeiten globaler Veränderungen“ (Finanzbuch Verlag, München 2009, gebunden, 284 Seiten, 34,90 Euro) versucht der Vorstandsvorsitzende der über 700 Milliarden US-Doller verwaltenden PIMCO-Kapitalanlagegesellschaft den Ursachen und Folgen der Finanzkrise nachzuspüren. El-Erian warnt vor einem Anwachsen des Protektionismus, gibt Anlegertips und fordert eine stärkere Vertretung von Schwellenländern in internationalen Wirtschafts-Organisationen, allen voran bei der G7 und dem Internationalen Währungsfonds (IWF). In diesem Zusammenhang kritisiert er IWF-Mitgliedsstaaten, die „in gedankenloser Eifersucht über Vorrechte wachen, die auf bestimmte historische Umstände zurückzuführen sind, die aber in der Welt von heute keine Berechtigung mehr haben“. Wer das Buch verstehen will, muß neben allgemeinen ökonomischen Kenntnissen eine Vielzahl branchenüblicher englischer Fachbegriffe kennen, von denen El-Erians Buch geradezu trieft.

 

Türkensturm. In ganz Europa zeigten sich Meinungsführer empört, als im Dezember 2009 die Schweizer in einem Referendum für ein Bauverbot für Minarette stimmten, da sie als kulturelle Machtsymbole und nicht als religiöse Bauwerke eingeordnet werden. Und auch im benachbarten Österreich regt sich Angst vor einer islamischen Überfremdung, die sich nicht zuletzt in Moschee- und Minarettbauten ausdrückt. Der rechte Publizist Walter Marinovic hat dazu einen Beitrag aus speziell österreichischer Perspektive geliefert. Der Titel seines Buches „Türkensturm – einst und jetzt – 1529, 1683, 2009“ (fakten-Verlag, Rückersdorf-Harmannsdorf 2009, gebunden, 157 Seiten, 16,95 Euro) klingt aggressiv, und so ist auch der Inhalt zuweilen im Stil recht ruppig. Marinovic gibt anhand eines Romans von Walter Berger („Baut dem Reich einen Wall“) einen Einblick in die Belagerungen von Wien 1529 und 1683 und setzt diese in Beziehung zu beklagenden Motiven und der Mentalität unter heutigen türkischen Einwanderern. Viel Neues kommt dabei für Multikulti-Kritiker nicht zutage. Interessant sind aber die Ausführungen über die Ausländerdebatte in Österreich, die diesbezügliche Rolle der FPÖ und über die Rassismuskeule im Alpenland. Wer bisher dachte, daß es um die demokratische Kultur in Österreich besser steht als hierzulande, könnte durch Marinovics Buch ins Zweifeln kommen.

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