© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/09 11. Dezember 2009

Er hört zu
Laudatio I: Guido Hülsmann über André F. Lichtschlag

Ja, ich habe aber die Einladung sofort mit großer Freude angenommen, nachdem ich nochmal auf den Absender geschaut habe. Denn man sollte nicht jeden Preis annehmen, und eigentlich bin ich da auch ein bißchen skeptisch, daß ich mich frage: „Oh, der André Lichtschlag wird mit einem Preis bedacht, und ich werde um die Laudatio gebeten. – Was können wir bloß falsch gemacht haben? Sind wir schon so mehrheitsfähig geworden? Also, da stimmt irgendwas nicht!“ Und dann habe ich auf den Absender geguckt und mich auch an Herrn Stein erinnert und war glücklich mit dieser Einladung, die von der richtigen Seite kam und die die richtigen Seiten zusammenbringt.

Warum verdient er diesen Preis? André Lichtschlag hat uns zehn Jahre eine Analyse der Tagespolitik in Deutschland geliefert und dabei die Ereignisse aus einem entschieden liberalen Standpunkt beleuchtet. Er hat dabei kein Thema ausgespart, von kulturellen Fragen, Fragen der Kirche, Frage der Familie, Fragen der Demokratie im Unternehmen. Über außenpolitische Fragen bis zu wirtschaftlichen Fragen hat Andre ein großes Themenspektrum abgedeckt. Er hat des weiteren eine große Anzahl von Stilformen bearbeitet, vom Essays über den Kommentar, den Tageskommentar. Es gab Reportagen, es gab Hintergrundberichte, und er hat mit seinen Arbeiten einen festen Platz im deutschen Meinungsspektrum erobert. Und dies nicht nur auf regionaler, sondern auch auf nationaler Ebene. Es spielt im liberalen Lager die gleiche Rolle wie die JUNGE FREIHEIT im eher konservativen Lager. Und das ist eben heute eine wundervolle Gelegenheit, daß diese beiden Lager zusammenkommen, die übrigens nicht hermetisch getrennt sind, sondern große Überschneidungen aufweisen, für die es sehr, sehr gute sachliche Gründe gibt.

Wie hat André Lichtschlag das gemacht? Er hat das mit großer Kompetenz gemacht. André hat im Gegensatz zu vielen anderen Journalisten echte Bildung. Sachkenntnisse, die er zur Geltung bringt. Und er hat eben Sachkenntnisse auf einem erstaunlich großen Bereich, er hat ständiges Interesse an geistigen Entwicklungen in verschiedenen Gebieten – in der Naturwissenschaft, vor allem aber auch in den Sozialwissenschaften. Er ist einer der wenigen Journalisten in Deutschland, die kompetent über kulturelle Fragen und Wirtschaft schreiben können.

André Lichtschlag hat seinen Platz erobert durch seine Offenheit. Er kann tatsächlich zuhören, eine Eigenschaft, die mir manchem Journalisten zu mangeln scheint, wenn ich die Berichte lese, die sie über Ereignisse verfassen, denen ich selber beigewohnt habe. André will immer den Standpunkt anderer Leute verstehen, selbst wenn er den Standpunkt nicht teilt oder wenn er den Standpunkt hinterher kritisieren wird. Er hört zu, er will es erst mal verstehen, bevor er kritisiert. Und dabei handelt es sich jeweils immer um ein wohlwollendes Verständnis. Bei der Präsentation anderer Positionen finden wir in André Lichtschlags Arbeiten keine Spur von Gehässigkeit oder gar Haß – keine Bitterkeit, kein Wehklagen. Er ist so offen, daß er sogar enthusiastisch die Äußerungen von Leuten wiedergibt und kommentiert, denen man ansonsten mit großer Reserviertheit gegenüberstehen muß. André Lichtschlag hat seinen Platz erobert mit stringenter Argumentation, die er auf seine Themen anwendet. Das hängt natürlich auch mit seiner Offenheit zusammen. Er will tatsächlich seinen eigenen Standpunkt mitteilen, er will nicht einfach nur eine Serie von Werturteilen aneinandersetzen, denen man dann je nach dem eigenen momentanen Standpunkt zupflichten kann oder auch nicht.

 

Prof. Dr. Guido Hülsmann lehrt an der Fakultät für Recht, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Angers und ist Senior Fellow am Ludwig von Mises Institute in Auburn (Alabama)

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