© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/09 11. Dezember 2009

Simple Gleichungen
„Kampf gegen Rechts“: Es geht um viel Geld und politischen Einfluß
Felix Krautkrämer

Der Aufschrei war groß, als Union und FDP im Koalitionsvertrag vereinbarten, die staatlichen Programme gegen Rechtsextremismus auch auf den Linksextremismus auszuweiten. Hochschullehrer, die sich ihre wissenschaftlichen Meriten im „Kampf gegen Rechts“ erwarben, und linke Politiker protestierten heftigst. Von einer politisch motivierten „Rückkehr in die Denkschablonen des Kalten Krieges“ war die Rede.

Die Aufregung ist verständlich. Schließlich geht es um viel Geld, um politischen Einfluß und nicht zuletzt um Arbeitsplätze. 24 Millionen Euro stellt das Bundesfamilienministerium seit 2007 jährlich ausschließlich im „Kampf gegen Rechts“ zur Verfügung. Davon entfallen 19 Millionen auf das Programm „Vielfalt tut gut. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ und fünf Millionen auf „Kompetent für Demokratie – Beratungsnetzwerke gegen Rechtsextremismus“. In den Jahren 2001 bis 2007 waren insgesamt 117 Millionen Euro für „Maßnahmen zur Stärkung der Zivilgesellschaft“ bereitgestellt worden.

Enge Kooperation mit Linksextremisten

Die Bundeszentrale für politische Bildung verausgabt seit ihrer Umstrukturierung und Neuausrichtung im Jahr 2000 jährlich zwischen 2,5 und 2,8 Millionen Euro zur Bekämpfung des Rechtsextremismus. Bezeichnenderweise setzt die Behörde dabei auch vermehrt auf die Zusammenarbeit mit einschlägigen Antifa-Journalisten. So finden sich im Online-Dossier der Bundeszentrale zum Thema Rechtsextremismus Beiträge von Andrea Röpke (JF 18/09), Gernot Modery alias Anton Maegerle (JF 14/06) und Martin Langebach alias Christian Dornbusch, die allesamt über beste Kontakte zur linksextremen Szene verfügen.

Aber auch das Berliner Bundesministerium für Arbeit und Soziales stellt reichlich Geld zur Verfügung: beispielsweise für das zum Bundesprogramm Xenos gehörende Projekt „Einstieg zum Ausstieg“. Mit sieben Millionen Euro unterstützt das Ministerium nach eigenen Angaben den „Ausstieg junger Menschen aus der rechten Szene“. Hiervon profitiert seit kurzem auch das stets mit dem finanziellen Aus kämpfende Aussteigerprogramm Exit.

Im Internet gibt es ebenfalls unzählige Projekte gegen Rechtsextremismus, wie beispielsweise das „Netz gegen Nazis“, „Mut gegen Rechte Gewalt“, „Aufmucken gegen Rechts“, „Kein Bock auf Nazis“ oder „Recht gegen Rechts“. Symptomatisch hierbei ist die Weigerung, zwischen Konservativen, Rechten, Rechtsextremen und (Neo-)Nazis zu unterscheiden. Da ist der konservative SPD-Politiker (Thilo Sarrazin, Hans Apel, Heinz Buschkowsky) genauso „rechts“ wie die CDU-Rebellen Martin Hohmann und Henry Nitzsche und die rechtspopulistische Bürgerbewegung Pro Köln genauso „Nazi“ wie die NPD.

 Konservativ gleich Rechts gleich Rechtsextrem gleich Nazi: So lautet die simple Gleichung beim „Kampf gegen Rechts“, dessen Zweck offenbar jedes Mittel heiligt. Wenn es um die Verhinderung von NPD-Demonstrationen geht, marschieren Politiker von CDU, FDP, SPD und Grünen nicht selten Seit an Seit mit Vertretern der Linkspartei, DKP, der Vereinigung Verfolgter des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) und linksextremer Antifa-Gruppen. So protestierten zum Beispiel am diesjährigen 1. Mai in Ulm CDU, SPD und FDP gemeinsam mit der DKP, der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands und der VVN-BdA gegen eine Veranstaltung der NPD-Nachwuchsorganisation Junge Nationaldemokraten. Aus den Reihen des Bündnisses „Ulm gegen Rechts“ kam es dann auch zu massiven Gewaltausschreitungen, bei denen mehrere Polizisten verletzt wurden.

Die Zusammenarbeit mit Linksextremisten beschränkt sich jedoch nicht nur auf gemeinsame Demonstrationsbündnisse. Immer wieder profitieren linksradikale und linksextreme Organisationen auch von den staatlichen Fördermitteln im „Kampf gegen Rechts“. Im Jahr 2001 erhielt beispielsweise das linksextreme Szeneblatt Der Rechte Rand – Informationen von und für Antifa­schistInnen 10.000 D-Mark aus dem damals noch dem Innenministerium unterstehenden „Bündnis für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt“. Ebenso wurde das SPD-eigene Antifa-Organ Blick nach rechts 2000 mit 56.500 D-Mark aus Mitteln des Innenministeriums gefördert.

Zwar wurden 2007 mit der Umstrukturierung der Anti-Rechts-Programme im Bundesfamilienministerium die Förderungskriterien verändert, wodurch verhindert werden sollte, daß linksextreme Organisationen von den staatlichen Geldern profitieren, doch erwies sich dies nur bedingt als wirksam. Zum Beleg reicht ein Blick auf die aktuell geförderten Projekte. Dort findet sich der Sportverein Roter Stern Leipzig aus dem Umfeld des linksextremen Szenetreffs „Conne Island“ im Leipziger Stadtteil Connewitz (JF 3/08). Der Verein bietet nach eigenen Angaben „Beratungen und Schulungen für Multiplikatoren auf Verbands- und Vereinsebene und für Schulklassen an. Schwerpunktthemen dieser Schulungen sind Neonazismus, (Alltags-)Rassismus, Antisemitismus und Homophobie.“ Doch ein Blick auf die Internetseite des Roten Stern Leipzig zeigt dessen wahre Ausrichtung. Unter der Rubrik „Politik“ wird direkt zu den linksextremen Internetportalen nadir, Indymedia und left action verlinkt.

Im Jahr 2000 hieß es seitens des sächsischen Verfassungsschutzes, daß die Mehrheit der Gründungsmitglieder des Vereins der „linksextremistischen autonomen Szene Leipzigs“ angehöre. Der Rote Stern Leipzig beteilige sich an „Aktionen der linksextremen Szene“, und sogenannte „Autonome“ mobilisierten in dem Verein „offenbar Jugendliche für antifaschistische Themen“. Doch diese Beurteilung hinderte das Bundesfamilienministerium nicht, den Roten Stern Leipzig 99 e. V. in diesem Jahr mit 10.000 Euro zu fördern. Genausowenig störte sich Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), der dem Verein Anfang November in Kooperation mit der Amadeu-Antonio-Stiftung den mit 15.000 Euro dotierten Sächsischen Förderpreis für Demokratie verlieh.

Kein Wochenende ohne Aktionen gegen Rechts

Daß eine solche Förderpraxis als normal angesehen wird, mag auch daran liegen, daß der „Kampf gegen Rechts“ längst zu einem gesamtgesellschaftlichen Phänomen geworden ist. Kaum ein Wochenende vergeht, ohne daß ein breit aufgestelltes örtliches Aktionsbündnis ein Bürger- und Familienfest gegen Rechts oder das Fegen gegen Rechts veranstaltet. Ob „multikultureller Weihnachtsmarkt“ in Königs Wusterhausen oder die „Nikoläuse gegen Rechts!“ in Unna, dem Engagement sind keine Grenzen gesetzt. Auch Freiwillige Feuerwehren, das Technische Hilfswerk oder Fußballvereine, sie alle engagieren sich gegen „Rechts“, was bisweilen so weit geht, daß die eigenen Mitglieder ausgeschlossen werden, wenn diese im Verdacht stehen, rechtsextrem zu sein. Banken kündigen „rechten“ Kunden die Konten, Hotels verweigern ihnen die Übernachtung. Selbst die evangelische Kirche prüft die rechtlichen Möglichkeiten, sich von rechtsextremen Mitgliedern zu trennen.

Ein Vergleich zwischen Links- und Rechtsextremismus findet so gut wie nicht statt. Schließlich würde dadurch laut dem Berliner Grünen-Politiker Daniel Gollasch der Nationalsozialismus relativiert. Auch die Juso-Chefin Franziska Drohsel sprach sich jüngst in der taz gegen eine solche „Gleichmacherei“ aus. Es gebe doch erhebliche Unterschiede zwischen Rechts- und Linksextremismus, so die 29jährige: Rechtsextremismus spreche Menschen das Recht auf Leben ab. Grundlage linker Politik sei dagegen „das Streben nach einem freien und selbstbestimmten Leben für alle“.

 

Stichwort: Xenos – Integration und Vielfalt

Neben dem im Beitrag erwähnten Xenos-Sonderprogramm „Ausstieg zum Einstieg“ hat das  Bundesprogramm „XENOS – Integration und Vielfalt“ das Ziel, „Aktivitäten gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus in arbeitsmarktbezogene Maßnahmen“ zu integrieren. Im Fokus stehen hier u.a. die „Qualifizierung und Weiterbildung“, „Betriebliche Maßnahmen und Bildungsarbeit in Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen“, „Maßnahmen zur Integration von Migranten“, die „Aufklärung und Sensibilisierung gegen Rechtsextremismus“ oder die „Förderung von Zivilcourage und Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen in Kommunen und im ländlichen Raum“. Das Gesamtvolumen von Xenos beträgt für den Zeitraum 2008 bis 2012 rund 350 Millionen Euro.

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