© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/09 04. Dezember 2009

SWR-Dokumentation „Die Brüder Grimm“: Die Wörtersammler und ihr „Deutsches Wörterbuch“
Denn unsere Sprache ist auch unsere Geschichte
Michael Hofer

Grimms Märchen haben weltweit Berühmtheit erlangt, als bedeutendstes Werk der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm gilt jedoch unbestritten „Das Deutsche Wörterbuch“. Die Geschichte dieser  säkularen wissenschaftlichen Leistung steht im Mittelpunkt der zum 150. Todestag von Wilhelm Grimm vom SWR produzierten Dokumentation.

Im Berlin Friedrich Wilhelms IV. entstand in der stillen Studierstube der beiden Gelehrten, unbemerkt und unberührt von den oft turbulenten Zeitläufen, die monumentale Sammlung des deutschen Wortschatzes, die selbst nach 20 Jahren bienenfleißiger Arbeit ein Torso blieb: 1838 begonnen, erschien der erste Band erst 1854, also ganze 16 Jahre später. Der jüngere Bruder Wilhem war zum Zeitpunkt seines Todes im Jahr 1859 bei dem Buchstaben D angelangt, Jacob verstarb 1863 in einer seltsam poetischen Fügung über der Bearbeitung des Wortes „Frucht“. Bis das gigantische Zettelwerk der Brüder Grimm ausgewertet, ergänzt, erweitert und und überarbeitet war, verging ein ganzes Jahrhundert. Der 32. und letzte Band erschien im Jahr des Mauerbaus 1961 in Leipzig.

Der Ehrgeiz der Grimms ging über die bloße Bestandsaufnahme weit hinaus: Jedes Wort sollte in seiner Herkunft, Bedeutung und Anwendung erklärt werden. Gleichzeitig sollte ihr Werk nach Wunsch seiner Schöpfer als Hausbuch mit Verlangen und Andacht gelesen werden, denn „unsere Sprache ist auch unsere Geschichte“.

Tatsächlich geht die auratische Wirkung dieser einzigartigen Sammlung über das bloß Wissenschaftliche weit hinaus. So läßt die Dokumentation neben dem Lyriker Durs Grünbein auch den Schriftsteller Adolf Muschg zu Wort kommen: Für ihn ist das Grimm’sche Wörterbuch „ein unerschöpfliches Geschichtenbuch, ein phantastischer zoologischer Garten, in dem die gesamte Artenvielfalt der Natur, auch die ausgestorbene (...) beisammen ist“.

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