© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/09 04. Dezember 2009

Politiker, hört die Signale!
Befreiungsschlag der Schweizer: Das Minarettverbot als Volksaufstand gegen die politische Korrektheit
Michael Paulwitz

Es läuft derzeit nicht gut für die Gouvernanten der politischen Korrektheit. Die öffentliche Hinrichtung des Thilo Sarrazin ist danebengegangen, die Schweizer haben trotz massiver Drohungen aus dem In- und Ausland ungerührt ein Bauverbot für Minarette beschlossen – und jetzt müssen sie sich von dem alles andere als mundtot gemachten Bundesbanker auch noch preußisch-trocken um die Ohren schlagen lassen, warum das so ist: „Das Schweizer Volksbegehren zeigt, daß in der Tiefe der Gesellschaft anders gedacht wird, als die politische Klasse und die Mehrheit der Medien glauben wollen.“

Die „Tiefe der Gesellschaft“ – das ist das Volk, die „schweigende Mehrheit“ der ganz normalen Leute, die den Karren zieht und nicht mehr schweigen will, weil sie die Bevormundung satt hat. Über 57 Prozent der Schweizer Stimmbürger kann man nicht als ressentimentgeladene Randgruppe abtun, denen man alles nur richtig erklären müßte, um ihnen ihre „irrationalen Ängste“ zu nehmen. Es sind nicht etwa die Verlierer am unteren Rand der Gesellschaft, die hier aufbegehren: Es ist die staatstragende, gebildete Mittelschicht, die sich keine multikulturellen Traumschlösser mehr vorlügen lassen will.

Viele von ihnen kennen, anders als die politisch-medialen Besserwisser in den bevorzugten Wohnlagen, die Realität der multikulturellen Gesellschaft, die – Originalton Daniel Cohn-Bendit – „hart, schnell, grausam und wenig solidarisch“ ist. Ihr Aufbegehren ist rational, weil sie die Bedrohung hinter der schleichenden Landnahme durch islamische Einwanderer spüren, die sich nicht anpassen wollen, sondern ihre eigenen Regeln und Wertvorstellungen mitbringen und gegen den Willen der Mehrheitsgesellschaft durchsetzen wollen. Großmoscheen und aufragende Minarette sind das sichtbare Symbol dieser Landnahme. Das Minarettverbot ist ein ebenso klares Zeichen des Widerstands, des Eintretens für die eigene Wertordnung.

Die „diffusen Befürchtungen“, mit denen sich die kopfschüttelnden Gutmenschen so gern das unerwünschte Votum der vermeintlich dummen Wähler erklären, haben diese offenbar schon länger abgelegt: Wer trotz des moralisierenden Trommelfeuers des politischen Establishment und fast sämtlicher Zeitungen und Medienhäuser, trotz Plakatverboten und Warnungen aus dem Ausland in so deutlicher Mehrheit sich die Freiheit nimmt, „eine andere Meinung zu vertreten als die von Politikern und Intellektuellen gewünschte“, der zeigt nicht Angst, sondern Mut, schreibt Roger Köppel, Chefredakteur der Zürcher Weltwoche, in der FAZ. Die Legitimität der „unheiligen Allianz zwischen Einwanderungslobby, politischer Klasse und den Muezzinen der Mainstream-Medien“ (Köppel) ist in Frage gestellt.

Das Votum der Schweizer hat auch in Deutschland eine Islam-Debatte ausgelöst und die tiefe Kluft der Entfremdung zwischen Politik und Volk, zwischen veröffentlichter und öffentlicher Meinung schmerzhaft sichtbar gemacht. Während die großen Zeitungen und Internetportale das Minarettverbot nahezu einhellig verdammen, ergeben Umfragen in ihren Netzauftritten spontane Zustimmungsraten von achtzig bis neunzig Prozent. In der Schweiz hat man das aufmerksam registriert.

Würde man hierzulande oder in anderen von Einwanderung aus islamischen Ländern betroffenen Ländern ebenfalls abstimmen lassen, die Zustimmung für ein Minarettverbot fiele wohl ähnlich eindeutig oder noch höher aus. Mancher in Politik und Medien spricht das sogar unverblümt aus. Die Reaktion darauf ist ein seltsames Gemisch von Arroganz und Panik: Erleichterung, daß es bei uns „glücklicherweise“ keine solchen Volksabstimmungen gibt (NRW-Integrationsminister Armin Laschet); Häme über den „Kollateralschaden der direkten Demokratie“, den die Süddeutsche Zeitung konstatiert: „So kann es kommen, wenn das Volk nicht nur über Turnhallen oder Transrapidbahnen abstimmt, sondern über alles.“ Will sagen: Wenn es um Kleinkram geht, darf der Lümmel Volk ruhig ein bißchen Demokratie spielen, die wirklich wichtigen Sachen sind bei uns, dem politisch-medialen Vormund, doch besser aufgehoben als beim Souverän.

Aus diesem Ungeist heraus wird das demokratisch einwandfreie Votum der Schweizer Stimmbürger für „undemokratisch“ erklärt, behauptet man ohne Beweis und Begründung, ein Minarettverbot sei „islamfeindlich“, verstoße gegen die „Religionsfreiheit“, gegen das Grundgesetz gar. Ohne rot zu werden, hofft man, europäische oder Uno-Instanzen möchten den Willen der Schweizer wieder kassieren.

Nicht nur in der Schweiz merken die Bürger, daß etwas nicht stimmt, wenn „Demokratie“ nur so lange hochgehalten wird, wie die Wähler politisch korrekte Vorgaben brav bestätigen. Es ist etwas faul, wenn ein hysterischer Chor von europäischen Regierungen, Kirchen, Uno und EU mit denselben vorgestanzten Argumenten auf die Schweizer einprügelt. Man spürt die Feigheit und Verlogenheit, wenn Menschenrechtskonventionen die Befindlichkeiten von Muslimen in Europa schützen sollen, aber nicht die verfolgten Christen in der islamischen Welt.

Es ging in dieser Abstimmung um Wichtigeres als Exporte in die muslimisch-arabische Welt und die Vermeidung von Protesten und Repressalien der dauerbeleidigten Islamverbände und Mullahs. Es ging darum, sich nicht die eigene Identität abkaufen zu lassen: „Die Schweizer sind die erste europäische Nation, die sich in einer freien Abstimmung gegen die Islamisierung ihres Landes entschieden hat.“ (Henryk M. Broder)

In Politik und Medien mehren sich solche Stimmen, die sich der rituellen Verdammung abweichender Meinungen widersetzen. Das ist ein ermutigendes Zeichen. Schafft ein, zwei, viele Vietnams, skandierten die Achtundsechziger. Schafft ein, zwei, viele Sarrazins, ein, zwei, viele Minarettverbote, muß die Devise heute lauten. Die Schweizer haben wieder einmal der Freiheit eine Gasse geschlagen.

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