© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/09 27. November 2009

WIRTSCHAFT
Vernichtendes Urteil
Klaus Peter Krause

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat kein Blatt vor den Mund genommen. Deutlich hat er in seinem Herbstgutachten vor allem die finanz- und steuerpolitischen Teile des Koalitionsvertrags und des Regierungsprogramms kritisiert. Wohl erwartet er für 2010 ein Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent, aber große Sprünge machen kann man damit nicht, schon gar nicht Steuern senken, ohne zumindest im gleichen Umfang Ausgaben zu kürzen. Weil die „solide Gegenfinanzierung“ fehlt, nennt der Rat das Steuerentlastungsversprechen der Koalition schonungslos „unseriös“ und die Vorstellung, die Steuersenkungen würden sich selbst finanzieren, eine Illusion; selbst unter günstigsten Bedingungen täten sie das höchstens zur Hälfte, doch werde auch das nicht gelingen. Vorgesehen und schon auf den Weg gebracht sind sogar zusätzliche Ausgaben.

Ungeschminkt verlangen die fünf Wirtschaftsweisen „harte Einschnitte statt Tagträumereien“. Sie sollten vor unpopulären Kürzungen im Haushalt nicht zurückschrecken. Ausgaben zu kürzen, sei in der Vergangenheit erfolgreicher gewesen, als die Steuerlast zu erhöhen. Auch vermißt der Rat konkrete Maßnahmen, um wenigstens die Neuverschuldung zu verringern – vom Abbau der Altschulden ganz zu schweigen. Erst recht fehlt ihm im Koalitionsvertrag das Abwägen zwischen Konsolidierung der Staatsfinanzen, Steuersenkungen und Investitionen in die Zukunft. Ebenso vermißt er einen Entwurf für eine umfassende Strategie, wie der Staat seine gewaltigen Hilfs- und Bürgschaftsprogramme wieder verringern und sich selbst aus der wirtschaftlichen Aktivität wieder zurückziehen will. Kurz gesagt: Mit diesem Teil des Gutachtens fällt der Rat ein vernichtendes Urteil.

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