© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/09 27. November 2009

Hoffnung für verfolgte Christen
Religionsfreiheit: Christliche Hilfsorganisationen beraten auf einem Kongreß über die Lage der Gläubigen in aller Welt
Hinrich Rohbohm

Es hätten ausschließlich Berichte über grausame Einzelschicksale sein können: furchtbares Leid, das bekennenden Christen widerfährt. In Indien. In China. Oder etwa in zahlreichen muslimischen Staaten.

Und tatsächlich betitelt der Vorsitzende der Hilfsaktion Märtyrerkirche, Rolf Sauerzapf, auf dem Kongreß „Christenverfolgung heute“ in Schwäbisch Gmünd das 20. Jahrhundert als das „Jahrhundert der Märtyrer“. Schließlich seien in keiner anderen Zeit mehr Christen aufgrund ihres Glaubens getötet worden. Er spricht von den Armeniern, einem Völkermord zum Opfer gefallen sind. Vom Kommunismus, den zahlreichen Verfolgungen in muslimischen Ländern. Und er warnt vor einer Gleichsetzung christlicher und islamischer Märtyrervorstellungen. Schließlich sei ein christlicher Märtyrer das Gegenteil eines muslimischen Selbstmordattentäters.

Er hätte auch China nennen können: ein Land, in dem die kommunistischen Machthaber ebenfalls die Religionsfreiheit stark einschränken. Tony Lambert, ein ehemaliger Diplomat der britischen Regierung, zeigt den rund 300 Teilnehmern ein anderes Bild. Denn während Europas Kirchen mit Austrittswellen zu kämpfen haben und es gleichzeitig zu verstärkten Islamisierungen ganzer Stadtteile kommt, gibt es für Christen auf anderen Kontinenten trotz schwerster Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen berechtigten Anlaß zur Hoffnung. Zur Zeit wird ein derartiger Optimismus vor allem in Asien sichtbar. „1949 gab es in China eine Million Protestanten, heute sind es mindestens 40 Millionen“, stimmt Lambert seine Zuhörer optimistisch.

Gemeinden in China von Kommunisten infiltriert

Der Diplomat spricht von einer erstaunlichen Offenheit, mit der die Menschen im Reich der Mitte sich zu ihrem Glauben bekennen. Ein Umstand, der nicht selbstverständlich sei. Denn Christen müssen sich in China registrieren lassen. Dennoch kommen 80 Prozent der Gläubigen der Anordnung der kommunistischen Regierung nicht nach, nehmen statt dessen das Risiko der Illegalität auf sich. Der Grund: Die staatlich registrieren Gemeinden seien zumeist von den Kommunisten infiltriert.

Der Umfang der Verfolgungen sei von Region zu Region verschieden. Während die illegale Praktizierung des Glaubens in den Städten zumeist kein Problem darstelle, herrsche auf dem Land eine andere Situation. „Da kommt es vor, daß Christen für einige Monate oder bis zu drei Jahren in Umerziehungslager gesteckt werden“, meint Lambert. Dennoch seien viele Kirchen inzwischen mutiger geworden. „Viele fordern jetzt radikale Reformen von der Regierung.“ Und: Auch innerhalb der Kommunistischen Partei bekennen sich zunehmend mehr Mitglieder zum christlichen Glauben. „Es wird daher bald keinen Sinn mehr machen, Christen weiter zu verfolgen“, ist Lambert überzeugt.

Daß die Teilnahme zahlreicher demokratischer Staaten an den Olympischen Spielen in Peking zu einer Verbesserung von Menschenrechten und Religionsfreiheit geführt habe, hält der Diplomat dagegen für eine Mär. Vielmehr sei es während der Zeit der Olympiade schwieriger gewesen, den christlichen Glauben zu verbreiten.

Den Wandel in Asien bestätigt auch der Theologe und Religionssoziologe Thomas Schirrmacher. „Es gab noch nie in der Geschichte so viele Religionswechsel wie heute in der globalisierten Welt“, erklärt er – ein Umstand, der speziell von den Muslimen als Bedrohung empfunden werde. Von den zwölf Ländern mit der stärksten Christenverfolgung seien acht muslimische Staaten, die restlichen vier kommunistische Regime.

Wie weit diese Verfolgungen gehen, kann Bruder Saleh erzählen. Der Nigerianer war vom Islam zum Christentum konvertiert. Sein Sohn wurde von Muslimen ermordet. Besonders im Norden Nigerias seien Christen der Gewalt radikaler Moslems ausgesetzt.

Daß Christen auch in Deutschland ihre Rechte offensiver vertreten müssen, könnte die zentrale Botschaft des Kongresses sein. In einem Appell wendet sich die Tagung an die Bundesregierung und fordert, sich stärker für Religionsfreiheit sowie für das Recht auf Religionswechsel einzusetzen. Dabei haben sich auf dem Kongreß erstmalig elf christliche Organisationen und Medien zu einem derartigen Bündnis zusammengefunden. Dazu zählen neben der Evangelischen Nachrichtenagentur idea und der Hilfsaktion Märtyrerkirche auch der christliche Medienverbund KEP, die Evangelische Karmelmission, Open Doors sowie das christliche Gästezentrum Schönblick.

Unterstützung bekommt das Bündnis vom Menschenrechtsbeauftragen der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU). „Auch in Deutschland gibt es rechtsfreie Räume, in denen sich Christen nicht trauen, sich zu ihrem Glauben zu bekennen“, bestätigte er die Berechtigung des Appells – und kritisiert zudem die einseitige Politik der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. „Wenn man sich nur noch mit Klimawandel und Armutsbekämpfung beschäftigt, ist das eine Verkürzung der Menschenrechte“, so Nooke auf dem Kongreß.

Die Hilfsaktion Märtyrerkirche im Internet: www.h-m-k.org

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