© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/09 30. Oktober 2009

WIRTSCHAFT
Pflegefall Pflegeversicherung
Jens Jesen

Der demographische Wandel macht sich im Pflegebereich in den nächsten 20 Jahren deutlich stärker bemerkbar als in der Krankenversicherung. Das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Pflegeversicherung (GPV) wird von den Versicherten immer mehr in Frage gestellt. In einer aktuellen Umfrage des Allensbach-Instituts fühlen sich nur zehn Prozent der Befragten in Zukunft durch die GPV ausreichend abgesichert. Schwarz-Gelb plant deshalb neben dem bestehenden Umlageverfahren, das beibehalten werden soll, den Aufbau einer zusätzlichen Kapitaldeckung. Diese soll als Reserve für die in den 2020er Jahren zu erwartende starke Zunahme von Pflegefällen verwandt werden. Die Versicherten sollen dabei den Kapitalstock ohne Arbeitgeberanteil vollständig finanzieren. Nach der Allensbach-Umfrage lehnen 34 Prozent der Befragten eine Teilprivatisierung der GPV ab. 39 Prozent befürworten sie hingegen.

Die Einstellung der Befragten hängt laut Allensbach-Chefin Renate Köcher maßgeblich von der eigenen Einkommenssituation ab. Je schlechter die wirtschaftliche Situation der Befragten ist, desto deutlicher lehnen sie die zusätzliche private Absicherung ab. Vorsorge, so die Ansicht, ist ausschließlich Sache des Staates. Sie haben keine frei verfügbaren Ressourcen für eine zusätzliche Prämie, deren Höhe unabhängig vom Einkommen ist. Opposition und Sozialverbände vermuten einen „Abschied von der Solidarität“. Das ist sicher zu einfach gedacht. Der Staat hat immer wieder bewiesen, daß er nicht in der Lage ist, Vorsorge zu garantieren. Der Sozialstaat sollte deshalb die Grenze der Privatisierung dort setzen, wo die Betroffenen aus eigener Kraft zuwenig vorsorgen können. Dazu hat Schwarz-Gelb noch nichts Handfestes verlauten lassen.

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