© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/09 16. Oktober 2009

Zwischen Lust und Ekel
Vampirfilm: „Durst“ von Chanwook Park
Claus-M. Wolfschlag

Ein katholischer Priester in Südkorea, Sang-hyeon (Kang-ho Song), hat sein Leben allein Gott gewidmet und ist bemüht, sein Amt ausgesprochen vorbildlich zu erfüllen. Er meldet sich freiwillig als Testperson für ein Forschungsprojekt in Afrika und läßt sich mit einem tödlichen Virus infizieren.

Das Experiment mißlingt, er erkrankt und stirbt. Die Ärzte verabreichen ihm noch eine Blutinfusion unbekannter Herkunft, woraufhin er bald danach wundersam wieder zum Leben erwacht. Doch die Infusion hat ihn in einen Vampir verwandelt. Fortan benötigt er menschliches Blut zum Überleben, was ihn in Konflikt zum christlichen Glaubensgebot bringt, nicht töten zu dürfen.

Doch eine weitere Probe wartet auf ihn. Nach Korea zurückgekehrt, besucht er einen alten Schulkameraden und dessen unglückliche junge Frau Tae-joo (Ok-vin Kim). Tae-joo weckt sexuelles Begehren bei dem Priester, ein Begehren das auf Gegenseitigkeit beruht. Versucht sich der Geistliche erst durch brutale Selbstgeißelung zu maßregeln, so kann er bald nicht mehr widerstehen und gerät in einen Strudel aus Lust, Eifersucht und Mord.

Seit jeher dient der Vampirfilm der Vermittlung innerseelischer Abgründe, indem er um Themen wie  Sexualität, Verführung, Gier, emotionale Abhängigkeit, Gewalt und Zerstörung kreist. Regisseur Chan-wook Park hat diesen inhaltlichen Hintergrund in seinem überaus modernen, wenngleich bizarren Horrorstreifen zugespitzt.

Durch die Wahl eines Gottesmannes verstärkt sich der im Vampir-Genre bisweilen aufblitzende Zwiespalt zwischen Lust und Selbstekel zu einem moralischen Disput: zwischen hehren ethischen Ansprüchen und den als niedrig erachteten Instinkten und Begierden, zwischen Glauben und Triebstruktur, Sünde und Erlösung. Letztere scheint hierbei stets nur in der Aufgabe des Körpers zu liegen.

Trotz virtuoser Kamerafahrten und aufwendiger Szenerien bleibt der Film teils episodenhaft, teils seltsam verwinkelt und aus diesem Grund trotz manch amüsanter Überdrehtheit etwas langatmig. Wenn man sich auf derartig asiatisches Kino einzulassen versteht, tut das allerdings dem Genuß dieses Films keinen Abbruch.

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