© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/09 16. Oktober 2009

UMWELT
Politische Trittbrettfahrer
Volker Kempf

 Im Dreiländereck Deutschland/Frankreich/Schweiz wird der Protest gegen das elsässische Atomkraftwerk Fessenheim neu entfacht, weil für den ältesten französischen Atommeiler eine Laufzeitverlängerung um zehn Jahre ansteht. 20.000 Demonstranten erwartete die Polizei am 3. Oktober auf einer Kundgebung in Colmar gegen das an der Grenze zu Deutschland gelegene AKW. Gekommen waren nach Behördenangaben etwa 3.000, nach Aussgagen der Veranstalter 10.000. Als parteipolitischen Arm des Protestes empfahl sich die französische Neue Antikapitalistische Partei (NPA) von Olivier Besancenot. Mit ihren roten Fahnen dominierte die aus der trotzkistischen Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR) hervorgegangene Partei die Demo optisch. Sprechchöre gegen den großen Polizeieinsatz kamen hier besonders lautstark auf.

Angeblich 3.000 Beamte waren im Einsatz. Ausschreitungen wie Monate zuvor am Rande des Nato-Gipfels in Straßburg sollten so vermieden werden. Vor lauter Polizei und Mitteilungen hierüber ging es in der Medienberichterstattung über die Demonstration noch Tage später kaum um das AKW Fessenheim selbst. Die Polizei wurde zur perfekten Ablenkung vom Anliegen der AKW-Gegner. Daraus sollte über das Dreiländereck hinaus gelernt werden, sich nicht so leicht aus dem Konzept bringen zu lassen. Einigen Gruppen schien es ohnehin mehr um Antikapitalismus und Ressentiments gegenüber dem real existierenden Staat zu gehen. So wird der Protest unseriös. Es muß unbeirrt um die Erdbebengefahr, Terrorgefahr, Störfallgefahr und die ungelöste Endlagerungsproblematik gehen, wo Atomkraftwerke der Stein des Anstoßes für Protestkundgebungen sind. Alles andere schadet diesem wichtigen Anliegen.

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