© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/09 09. Oktober 2009

Wachwechsel in Coburg
Politische Publizistik: Der Verleger Dietmar Munier hat offenbar das Traditionsmagazin „Nation & Europa“ gekauft
Felix Krautkrämer

Seit Monaten brodelt die Gerüchteküche. Von einer Neuordnung der rechten Publizistik ist die Rede. Und von einem neuen Medium, das diesen Markt revolutionieren soll. Nach Recherchen der JUNGEN FREIHEIT verdichten sich nun diese Gerüchte: Die in Coburg ansässige Monatsschrift Nation & Europa (N&E) hat offenbar den Besitzer gewechselt und befindet sich nun in der Hand des Verlegers Dietmar Munier. Das bestätigte der bisherige N&E-Chefredakteur und Mitherausgeber Peter Dehoust auf Anfrage dieser Zeitung. Was aus dem Magazin nach Ablauf des Jahres wird, ist völlig offen: Fest steht, Munier will mit einer neuen politischen Monatszeitschrift „überall in Deutschland in die Zeitschriftenabteilungen der Kioske und Supermärkte“. Dies zumindest kündigte er in einer 16seitigen als „Kostprobe“ bezeichneten Probenummer an, die an einen ausgesuchten Personenkreis verschickt wurde.

Die Zeitschrift soll eine „Initialzündung für ein allgemeines Aufwachen und Umdenken“ sein und keine politischen Tabus kennen. Dennoch solle darin „Politik so klug und maßvoll kommentiert werden, daß auch völlig Umerzogene sich nicht erschrocken abwenden“. Ursprünglich plante Munier nach Informationen der JF eine Startauflage in Höhe von 60.000, hat diese Zahl jedoch mittlerweile nach unten korrigiert. Die Masse der Auflage hofft er über den Kioskvertrieb abzusetzen.

Der 55 Jahre alte Verleger ist kein Unbekannter und auch nicht unerfahren im Geschäft. Munier verfügt über ein weitverzweigtes Netz von Verbindungen und Kontakten. Bereits als junger Mann engagierte er sich in den siebziger Jahren politisch, zunächst in der Gemeinschaft Junges Ostpreußen, bei der NPD-Jugendorganisation und dem Bund Heimattreuer Jugend. In dieser Zeit gründete er den Sturmwind-Verlag und eine Buchhandlung, später stieg er in den Arndt-Verlag ein, dessen Geschäfte er schließlich 1983 übernahm. Parallel dazu belebte er den Orion-Heimreiter-Verlag wieder. 1991 initiierte er die „Aktion Deutsches Königsberg“, im Jahr darauf den Rußlanddeutschen Kulturverein Trakehnen und dessen bundesdeutsches Pendant, den Schulverein zur Förderung der Rußlanddeutschen in Ostpreußen e.V.

Daneben widmete Munier sich zielstrebig dem Auf- und Ausbau seiner Verlagsgruppe. Heute ist er Geschäftsführer und Mitinhaber der Lesen & Schenken Verlagsauslieferung und Versandgesellschaft mbH, zu der die Verlage Arndt, Orion-Heimreiter, Bonus und Pour le Merite gehören. Auch der Verlag Deutsche Militärzeitschrift, der zweimonatlich die gleichnamige Zeitschrift herausgibt, firmiert als Zweigniederlassung der Lesen & Schenken GmbH.

Kein Wunder also, daß Munier Interesse an Nation & Europa hat, deren Auflage laut dem Verfassungsschutzbericht 2008 bei 18.000 Stück liegen soll. Sie gilt als eine der wichtigsten deutschsprachigen Periodika der rechten Szene. Die 1951 von dem Coburger Verleger Arthur Ehrhardt ins Leben gerufene Zeitschrift erscheint seit fast sechzig Jahren monatlich im Format DIN A5 und beschäftigt sich mit der politischen Rechten in Deutschland und Europa sowie mit kulturellen und historischen Themen. Der Verlag verfügt zudem über einen eigenen Buchdienst mit festem Kundenstamm, der allerdings bereits seit dem 1. Oktober von Munier bedient wird.

Bestätigen wollte dies Geschäftsführer und N&E-Mitherausgeber Harald Neubauer jedoch nicht direkt. Man nehme nach wie vor Buchbestellungen an, erledigt würden diese jedoch von einem Dritten, sagte der ehemalige Europaabgeordnete der Republikaner auf Anfrage dieser Zeitung.

Zudem bestätige Neubauer, daß es einen Vertrag gebe, der Veränderungen für die Zeitschrift und den Verlag beinhalte, vor allem bezüglich des Formats (Umstellung auf DIN A4), aber auch des Titels. Nach Informationen der JF läuft das Projekt derzeit noch unter dem Namen „NOT – Noch ohne Titel“, erscheinen könnte die Zeitschrift jedoch möglicherweise unter dem Titel zuerst.

In der aktuellen Ausgabe von Nation & Europa weist die Redaktion ihre Abonnenten darauf hin, das Abo für das nächste Jahr noch nicht zu bezahlen, da sich ab 2010 die Kontodaten des Verlages ändern würden. Auf Nachfrage, ob Neubauer sich inhaltlich an Muniers geplanter Zeitschrift beteiligen wird, schweigt sich der 58jährige aus. Er werde auch weiterhin Mehrheitsgesellschafter des Verlags bleiben. Inwieweit dort jedoch im nächsten Jahr überhaupt noch etwas Eigenständiges publiziert wird, ist fraglich.

Auch Munier gibt sich gegenüber der JF verschlossen. Er habe kein Interesse daran, die Angelegenheit öffentlich zu machen. Den Kauf der Zeitschrift wollte er allerdings auch nicht dementieren. Die Zurückhaltung dürfte darauf zurückzuführen sein, daß das Projekt noch längst nicht in trockenen Tüchern ist – vor allem nicht die Finanzierung. So soll Munier verschiedene potentielle Geldgeber um Darlehen angefragt haben, darunter auch den schwedischen Millionär Patrick Brinkmann. Von 160.000 Euro ist die Rede, um die er gebeten hat. Aber auch am Personal hapert es offensichtlich. Weder mit dem ehemaligen NPD-Funktionär und derzeitigen Pressesprecher der DVU, Andreas Molau, noch mit Martin Pfeiffer, dem Schriftleiter des österreichischen Magazins Aula, konnte sich Munier einigen. Die Aula, deren Auflage nach eigenen Angaben bei 5.000 liegt, hätte Munier wohl ebenfalls gerne gekauft. Geplant war, daß die Zeitschrift ebenso wie N&E in dem neuen Magazin des Verlegers aufgehen sollte. Die Herausgeber der Aula, die freiheitlichen Akademikerverbände, hätten nach Prüfung eines entsprechenden Angebots jedoch abgelehnt, sagte Pfeiffer der JF.

Doch Nation & Europa und die Aula sind nicht die einzigen Organe, für die Munier Kaufabsichten hegt beziehungsweise hegte: Auch am Verlag Druffel & Vorwinkel zeigte er  Interesse – vor allem an der dort erscheinenden Zeitschrift Deutsche Geschichte, die nach eigenen Angaben eine Druckauflage von 15.000 hat und ein Konkurrenzprodukt für Muniers Deutsche Militärzeitschrift darstellt. Ein Gespräch mit dem Eigentümer Gerd Sudholt kam nach dessen Angaben jedoch zu keinem Ergebnis. Gründe hierfür wollte Sudholt nicht nennen, aber der Preis dürfte dabei eine entscheidende Rolle gespielt haben.

In der rechten Verlagswelt steht man Muniers Projekt mit gemischten Gefühlen gegenüber. Öffentlich äußern möchte sich dazu jedoch kaum jemand, nicht zuletzt aus Angst davor, aus Muniers Versandhandel herausgenommen zu werden. Ein namhafter Verleger sagte gegenüber der JF, er sehe die Gefahr einer wachsenden Angreifbarkeit. Derzeit müßten Gegner aus dem linken politischen Spektrum ihre Angriffe auf mehrere Verlage und Zeitschriften aufteilen. Wenn diese aber zunehmend unter demselben Dach firmierten, seien sie damit auch leichter anzugreifen und wirksamer zu bekämpfen.

Kontakt im Internet: www.nationeuropa.de

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