© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/09 02. Oktober 2009

Meldungen

Quellen zur Anatomie der deutschen Lethargie

STUTTGART. Kurz vor Ende des geistlosesten Wahlkampfes der BRD-Geschichte hatten die klugen Köpfe von der FAZ einen der daran Hauptschuldigen bereits ausgemacht: das Fernsehen, das öffentlich-rechtliche zumal. Dort traue sich niemand, unbequeme Fragen zu stellen, kritischer Journalismus finde nicht statt, der Zuschauer erlebe das Vorturnen von Sprechblasenakrobaten. Nach zwanzig Jahren „Politischer Korrektheit“ sollte das freilich niemanden verwundern. Und außerhalb der Funkhäuser kann es daher intellektuell nicht anspruchsvoller zugehen – wie jedes Jahr aufs neue der Sonderband des Merkur, der „Deutschen Zeitschrift für europäische Denken“, unter Beweis stellt. Die einzige Kulturzeitschrift von nationalem Rang, insoweit also repräsentativ, widmet sich diesmal, unübersehbar im Schatten von Kundus, dem „Heldengedenken“. Doch was die üblichen Verdächtigen unter den Kulturschaffenden der Republik, der Herausgeber Karl-Heinz Bohrer, Hans Ulrich Gumbrecht, Heinrich Detering, Nobert Bolz, Ute Frevert, Martin Seel, und natürlich Jörg Lau (Die Zeit), Rainer Hank (FAZ), Bernhard Schulz (Tagesspiegel) und Ina Hartwig (Frankfurter Rundschau), hier über das „heroische Phantasma“ zusammenstoppeln, gehorcht den Fakultätsstatuten an den Universitäten des Alten Reiches. Die schrieben nämlich bis ins frühe 19. Jahrhundert fest, daß Neues nicht gelehrt werden dürfe. Allein Ideenhistorikern des Jahres 2050 könnten die Merkur-Hefte deshalb eine gewinnbringende Lektüre bieten: als Quellen für ihre Studien zur Anatomie der deutschen Lethargie.

 

Quartiersmanagement bannt Bürgerkriege

MANNHEIM. Als „unverzichtbaren Bestandteil zur Wahrung des sozialen Friedens“ bezeichnet die langjährige Integrationsbeauftragete des Landes Berlin, Barbara John, das Quartiersmanagement. Damit war sie auf dem Workshop „Stadtteilmanagement im internationalen Quartier – Modell, Profile, Qualifikation und interkulturelle Kompetenz“ in bester Gesellschaft, konnten sich doch die meisten darauf einigen, daß der Einsatz personeller und finanzieller Ressourcen ein „unverzichtbares Steuerungselement“ für die Entwicklung „benachteiligter Stadtteile“ sei – im Gegensatz zu Frankreich, wo das Fehlen dieser Strukturen in den Banlieues „zu sozialen Konflikten“ führe. Deshalb forderte der Politologe Michael Krummacher von der Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe vergangene Woche, daß sich das Quartiersmanagement „weg von einem Sonderprogramm zu einer Daueraufgabe der Kommunen“ entwickelt. Damit diese überaus teure Begleitmaßnahme multikultureller Visionen jedoch Wirkung zeigt, müsse man sich selbstredend „interkulturell öffnen“.

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