© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/09 25. September 2009

Industrial Rock
Ein schräger Trip
Claus-M. Wolfschlag

Hanzel und Gretyl ist eine seltsame Industrial-Rock-Band. 1993 in New York gegründet, tourte sie unter anderem mit Marilyn Manson oder Rammstein. Ihre Besonderheit liegt in der bruchstückhaften Verwendung deutscher Zitate. Doppeladler und stilisiertes Eisernes Kreuz prangten auf Veranstaltungsplakaten, die Ende August manche Straße in Berlin oder Köln zierten. Dazu der Spruch: „Wir kommen zu trinken! Zerstören sie alle!“ Lieder heißen „Third Reich From the Sun“, „Mein Kommandant“, oder „Aufweidersehen“, die letzte Single „Oktötenfest 2006“. Offiziell wird dies als „Parodie totalitärer Systeme“ erklärt. Doch vielmehr kann man in diesem irrwitzigen Bühnenspaß eine verquere Liebe, eine versteckte Faszination für deutsche Kultur, wenngleich deren Zerrbild, förmlich riechen. Wer dann ein Konzert der Combo erlebt hat, wähnte sich auf einem schrägen, aber amüsanten Trip. Kaizer von Loopy läßt sich mit E-Gitarre, Pickelhaube und Schutzbrille auf den Armen seiner Fans durch den Raum tragen, während die rauchig-kreischende Stimme der rothaarigen Hexe Vas Kallas die harten Sounds übertönt. „Über Alles“ hört man. Dann kippt sich der „Kaizer“ ein Bier über den Kopf und gibt der ersten Reihe eine Runde Jägermeister aus. Aus dem Off ertönt derweil das Lied „Ein Prosit der Gemütlichkeit“.

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