© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/09 18. September 2009

Ein ehrlicher Makler wäre vonnöten
Der ARD-Journalist Marcel Pott analysiert die Problematik im Nahen Osten
Joachim Koch

Wer sich über die Probleme im Nahen und Mittleren Osten und die zwischen ihnen bestehenden Zusammenhänge nüchtern informieren will, ist mit dem Buch von Marcel Pott „Der Westen in der islamischen Falle – Von Jerusalem nach Teheran: Der neue Nahe Osten“ gut bedient. Marcel Pott war von 1982 bis 1992 Leiter des ARD-Hörfunkstudios Nahost in Beirut und lebte von 1997 bis 1999 als freier Autor und Publizist in Amman. Er ist ein ausgezeichneter Kenner dieses Raumes.

Er analysiert nüchtern und realistisch die Konsequenzen des amerikanischen Eingreifens im Irak und zeigt, daß der Hauptnutznießer dieses Krieges der unmittelbare Nachbar des Irak, nämlich der Iran und die Schiiten sind. Durch den Wegfall des Irak als Machtfaktor im mittelöstlichen Kräftespiel wuchs automatisch die Bedeutung des Iran. Das beeinträchtigte auch die Stellung Saudi-Arabiens, das mit dem Wahhabismus eine ebenso fundamentalistische religiöse Ausrichtung hat wie der Iran. Dort haben al-Qaida und die Taliban ihren Ursprung. Sie sind nichts anderes als ein Produkt der militanten wahhabitischen Ideologie und sind zeitweise auch von den USA gefördert worden. Sie stellen nicht nur eine Gefahr für den Westen, sondern auch für die innere Ordnung der arabischen Länder dar.

Ausführlich beschäftigt sich der Autor mit der Palästinafrage und der israelischen Siedlungspolititik in den besetzten Gebieten. Hier sieht er den Schlüssel für die Lösung der anderen Probleme. Deshalb fordert er die USA auf, von der einseitigen Parteinahme zugunsten Israels abzugehen. Sie sollten als ehrlicher Makler auftreten und nicht nur einseitig die Sicherheitsinteressen Israels, sondern auch das unbestreitbare Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung bei ihrer Politik berücksichtigen. Er stellt dar, daß Israel in Oslo keine einzige Position aufgegeben hat und in den entscheidenden Fragen sich zu nichts verpflichtet habe. Dagegen habe sich Arafat mit der Anerkennung des Existenzrechts des Staates Israel ohne entsprechende Gegenleistung den einzigen diplomatischen Trumpf für Verhandlungen aus der Hand gegeben.

Ein anderes wichtiges Thema ist die Rolle Syriens im nahöstlichen Machtgefüge, da es mit dem Iran verbündet ist sowie gemeinsame Grenzen mit Israel, Libanon, dem Irak und Jordanien hat. Gelänge es den USA einen Frieden zwischen Israel und Syrien zu vermitteln, könne das einen gewaltigen Schritt nach vorn im Nahen Osten bedeuten. Er wäre nicht nur ein Vorteil für Syrien, sondern auch für Israel und die USA, da dadurch die Operationsmöglichkeiten des Iran im Nahen Osten entscheidend eingeschränkt werden könnten.

Hinsichtlich des Irak stellt Pott die verschiedenen widerstreitenden Interessen dar und verweist darauf, daß für eine friedliche Lösung eine Übereinkunft zwischen Schiiten, Kurden und Sunniten über die Verteilung der Macht im Staate sowie der Öleinnahmen Voraussetzung sei. Ob sie erzielt werden könne, sei offen.

Marcel Pott: Der Westen in der islamischen Falle – Von Jerusalem bis Teheran: Der neue Nahe Osten. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009, broschiert, 208 Seiten, 8,95 Euro

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