© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/09 18. September 2009

Wettstreit im Verborgenen
Bundestagswahl: Unter den zahlreichen kleineren Parteien, die sich am 27. September zur Wahl stellen, vertreten einige dezidiert konservative Positionen
Ekkehard Schultz

An der Bundestagswahl am 27. September werden insgesamt 29 Parteien und Wählervereinigungen teilnehmen (siehe auch den Parteientest auf den Seiten 6 und 7). Neben den sechs bereits im Bundestag vertretenen Parteien CDU, CSU, SPD, FDP, Grüne und Linkspartei sowie den mindestens in einem Landtag vertretenen Parteien DVU und NPD werben weitere 21 Organisationen, die nahezu alle Teile des politischen Spektrums abdecken, um die Gunst des Souveräns. Darunter auch einige, die dezidiert konservative Positionen vertreten.

Als traditionelle Rechtspartei stellen sich die 1983 aus einer Abspaltung der CSU entstandenen Republikaner unter der Spitzenkandidatin Uschi Winkelsett in 11 von 16 Bundesländern zur Wahl. Während des Wahlkampfes bezogen die Republikaner, die bei der Bundestagswahl 2005 0,6 Prozent der Stimmen erzielten, vor allem gegen die Islamisierung Deutschlands sowie gegen die Verharmlosung der Linkspartei Stellung. Zudem fordert die Partei, die mit dem Zusatz „garantiert verfassungstreu, ohne Extremismus“ wirbt, den sofortigen Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan. Aber auch zur aktuellen Wirtschaftskrise nimmt die Partei unter der Überschrift „Stopschild für Heuschrecken. Haftung für Banker“ Stellung. Mit den Stichworten „Schluß mit der Steuerlüge“ und „Arbeit schaffen“ will die Partei ihr traditionelles Themenspektrum erweitern.

Darüber hinaus sorgten die Republikaner in den vergangenen Tagen mit einem Wahlwerbespot für Aufmerksamkeit, der unmittelbar Bezug auf die von dem Komiker Hape Kerkeling erfundene Kunstfigur Horst Schlämmer nimmt. Am Montag erwirkte Kerkeling über seinen Anwalt beim Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung, die den Republikanern die weitere Ausstrahlung der Wahlsendung untersagte. Die Partei kündigte umgehend Widerspruch an. Der Bundsvorsitzende der Partei, Rolf Schlierer, bezeichnete das „humorlose Vorgehen“ Kerkelings als überraschend und unverständlich.

In vier Bundesländern – in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland – tritt die Familienpartei an. Die 1981 gegründete Formation, die bei der vergangenen Bundestagswahl 0,4 Prozent erzielte, wendet sich gegen die Verarmung von Familien und setzt sich für die finanzielle Gleichstellung der Kindererziehung mit der Erwerbsarbeit durch die Zahlung eines sozialversicherungs- und steuerpflichtiges Erziehungsgehaltes ein. Zudem sollen mit Hilfe der Einführung von Kinderwahlstimmen ab Geburt die Interessen der Minderjährigen durch ihre Eltern besser vertreten werden können. Des weiteren möchte die Partei durchsetzen, daß politische Mandatsträger auf der Ebene von Bundestag und Landtagen ihr Amt im Höchstfall während zwei Wahlperioden bekleiden dürfen. 

Nach einem Verzicht zugunsten der Familienpartei bei der Wahl 2005 wird nun auch wieder die 1982 von dem ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Herbert Gruhl gegründete Ökologisch-Demokratische Partei (ödp) bei der Bundestagswahl kandidieren. Die ödp, die momentan rund 6.500 Mitglieder und über 400 Mandate auf kommunaler Ebene – rund 80 Prozent davon in Bayern – besitzt, wirbt in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen um die Wählergunst.

Sie strebt eine „Wende im Lebens- und Wirtschaftsstil“ an, „weg von der Überfluß- und Verschwendungswirtschaft, hin zu Nachhaltigkeit und echter Lebensqualität“, so der Wortlaut in einer aktuellen Selbstdarstellung der ödp. Schwerpunktthemen sind weiterhin Umwelt und Familie. Die ödp möchte eine ökologische Steuerreform umsetzen, in der besonders umweltschädliche Produkte und Verhaltensweisen durch Steuern verteuert, während  umweltfreundliche Produktionsweisen entlastet und somit verbilligt werden sollen. Der Arten- und Umweltschutz müsse stets Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben.

Auch die 1988 als Abspaltung von der Zentrumspartei gegründete Christliche Mitte (CM) tritt erneut zur Wahl an, obwohl sie bei den beiden vergangenen Bundestagswahlen weniger als 0,1 Prozent der Stimmen erreichte. Oberstes Ziel der CM, die heute deutschlandweit rund 6.000 Mitglieder besitzt, ist die Vertretung des „uneingeschränkten Rechtes eines jeden Menschen auf Leben“ sowie das „Recht jedes Wehrlosen auf den Schutz des Staates“. Auf der Basis der christlichen zehn Gebote wendet sich die CM gegen die Islamisierung Deutschlands, Abtreibungen, Pornographie und Homosexualität sowie für den Schutz des deutschen Arbeitsmarktes vor der Konkurrenz aus dem Ausland.

Zum ersten Mal tritt die erst am 7. Juni 2009 gegründete Partei „Freie Wähler Deutschland“ (FWD) am 27. September an, die sich für die Erleichterung der Möglichkeiten für Plebiszite einsetzen möchte. Zudem will sich die FWD, die in Brandenburg um Stimmen wirbt, für den Abbau von Bürokratie, eine Vereinfachung der Gesetze, den Abbau von Subventionen für die Großindustrie sowie für eine Stärkung des Mittelstandes stark machen. Da die Partei jedoch nicht mit dem Bundesverband der Freien Wähler in Deutschland identisch ist, der in zahlreichen kommunalen Vertretungen präsent ist und auf Landesebene in Bayern die drittstärkste politische Kraft darstellt, sich aber gegen einen Antritt bei der Bundestagswahl entschieden hatte, finden derzeit namensrechtliche Auseinandersetzungen vor Gericht statt. Ob vor diesem Hintergrund die FWD bei den Wählern punkten kann, ist somit äußerst zweifelhaft.

Gleiches gilt für die Zentrumspartei, die sich als älteste Partei Deutschlands bezeichnet und die bei der Bundestagswahl in Nordrhein-Westfalen antritt. Das gut 800 Mitglieder zählende Zentrum unter seinem Bundesvorsitzenden Gerhard Woitzik setzt sich für die Umsetzung „christlicher Grundsätze für Staat und Gesellschaft in der politischen Arbeit“ ein und wendet sich umgekehrt gegen „die beginnende Diskriminierung von Christen aller Glaubensrichtungen unter dem Vorwand integrativer Toleranz gegenüber Andersgläubigen“. Zu den wesentlichen Zielen der Partei gehören die Förderung von Ehe und Familie, „die Achtung jedes menschlichen Lebens von Anbeginn“ sowie die Umsetzung einer „auf Subsidiarität und Solidarität aufgebauten, gerechten Sozialordnung“. 2005 erreichte die Partei bei der Bundestagswahl 4.000 Stimmen und damit deutschlandweit weniger als 0,1 Prozent der Stimmen. Auch bei dieser Wahl droht ihr ein ähnliches Ergebnis, zumal sie durch interne Auseinandersetzungen zusätzlich geschwächt ist.

Erstmals bei einer Bundestagswahl bewirbt sich die Allianz der Mitte (ADM). Die ADM, die sich selbst als „Generationenpartei Deutschlands“ bezeichnet, tritt für eine stärkere Mitbestimmung der Bürger durch Volksabstimmungen nach Vorbild der Schweiz ein. Zudem setzt sich die ADM, die rund 500 Mitglieder hat, für die Halbierung der Zahl der Abgeordneten in Bund und Ländern ein.

Das eingesparte Geld soll zur Erhöhung des Kindergeldes auf 300 Euro pro Kind dienen.

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