© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/09 11. September 2009

„Mein Leben“-Dokumentation auf Arte: Der Schriftsteller Martin Mosebach
Ein exaktes Pensum gilt es jeden Tag zu schaffen
Ellen Kositza

Die für einen professionell schreibenden Menschen naheliegende Versuchung: zu viele Worte verlieren, die Tinte nicht halten, sich tagespolitisch „einbringen“ wollen. Der 58jährige Frankfurter Schriftsteller Martin Mosebach ist vor solchen Untiefen gefeit. Gleichwohl polarisieren seine Werke. Sein Stil gilt Kritikern als dünkelhaft, teils als reaktionär.

Mit einer dreiviertelstündigen Dokumentation bringt uns Arte nun den wortwägenden Erzkatholiken näher. Mosebach plaudert nie, er spricht druckreif und gedankenschwer. Ob es um sein fehlendes Sicherheitsbedürfnis und den „Vermögenswert der Freiheit“ geht, um die Nervosität beim Betrachten des eigenen Bildes oder um Glaubensfragen: Hier wird tief geschürft.

Filmmacher Felix Schmidt zeigt nicht nur den distinguierten Herrn mit den schnurgeraden Lippen, dessen Mundwinkel selbst beim Lächeln nur die Linie verlängern, dessen gesprochenes Deutsch keine hessischen Sedimente verrät. Schmidt folgt Mosebach durch seinen Geburtsort Königstein, durch Frankfurter Straßen ins Atelier des verstorbenen Freundes Peter Schermuly, der den Dichter vielfach porträtiert hatte, er begleitet ihn auf die Insel Capri.

Wir sehen Mosebach felsenkletternd, ohne Tweed und Krawatte. Hier hatte Mosebach über Jahre an seinem Roman „Westend“ geschrieben, den er für sein bedeutendstes Werk hält. Ein Gönner hatte Mosebach nach Capri geladen, besser: ihn zum Aufenthalt überredet. Mosebach schildert seine Schreibrituale: Ein exaktes Pensum gelte es jeden Tag zu schaffen. Um das Maß akkurat zu halten, habe er sich eine spezielle Schrift angeeignet. Daß der Jurist Mosebach inzwischen „als Schriftsteller akzeptiert“ sei, ist freilich tiefgestapelt: Immerhin wurde ihm mit dem Büchner-Preis 2007 eine der verdienstvollsten literarischen Auszeichnungen des Landes zugesprochen.

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