© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/09 11. September 2009

UMWELT
Das Atomkraftwunder ist ausgeblieben
Volker Kempf

Die Nutzung der Atomkraft verursacht in Deutschland Ängste, international erlebten AKW eine Renaissance, heißt es oft. So soll der Eindruck erweckt werden, deutsche Technikfeindlichkeit verhindere eine klimafreundliche und sichere Energieerzeugung – bei einer zuverlässigen und preisstabilen Uranversorgung und vernachlässigbaren Endlagerungsproblemen. Die anderen sind schlau, nur die Deutschen nicht? Der „Welt-Statusbericht Atomindustrie 2009“ zählt weltweit 435 betriebene Reaktoren. Das sind neun weniger als 2002. An der global genutzten Endenergie habe Atomkraft einen Anteil von zwei Prozent. 52 Reaktoren seien derzeit in Bau, darunter seien allerdings 13 schon seit über 20 Jahren eine Baustelle. Auf der Höhe der Expansionsphase der Atomindustrie 1979 waren 233 Reaktoren gleichzeitig im Bau. Auf dem Gebiet der 27 EU-Mitgliedsstaaten wurden 1989 noch 177 Atomreaktoren betrieben, im August 2009 waren es lediglich 144 Reaktoren.

Die Autoren der Studie stellen fest, daß die Gesamtleistung der Atomkraftwerke zwischen 2015 und 2025 gegenüber der heutigen Leistung voraussichtlich sinken werde. Die Rede von einer AKW-Renaissance erweist sich vor diesem Hintergrund als Propagandafeldzug eines Wirtschaftszweiges und des von ihm abhängigen Personalbestandes. Bei der Atomenergie wird auf kleiner Flamme weitergekocht, wie sehr auch in Deutschland, darüber wird man streiten können, aber die vielversprochene Wunderenergie, die in ihr in den 1950er Jahren gesehen wurde, ist das nicht geworden und wird es nie werden. An Wunder zu glauben sollte auch nicht Grundlage von Politik sein; das gilt allerdings auch für Versprechen über die Alternativen.

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