© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/09 28. August 2009

Einseitige politische Ausrichtung
„Kampf gegen Rechts“: Die Bundeszentrale für politische Bildung vernachlässigt den Linksextremismus
Christian Vollradt

Eine „politisch ausgewogene Haltung“ fordert der Erlaß über die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) von dieser Behörde, die über einen Haushalt von rund 35 Millionen Euro pro Jahr verfügt. Denn ihre Aufgabe, „durch Maßnahmen der politischen Bildung Verständnis für politische Sachverhalte zu fördern, das demokratische Bewußtsein zu festigen und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit zu stärken“, richtet sich an den „mündigen Bürger“ – so wollten es jedenfalls ihre Gründer im Jahr 1952.

In der derzeitigen Praxis scheinen solche gesetzlichen Vorgaben und historischen Leitbilder etwas unter die Räder geraten zu sein. Das beweist nicht zuletzt die Einseitigkeit, mit der sich die Behörde dem Phänomen des politischen Extremismus widmet: Aktuelles Beispiel dafür ist die Pressekonferenz am vorvergangenen Freitag, zu der einem Mitarbeiter dieser Zeitung der Einlaß verwehrt wurde (siehe Kasten). Gemeinsam mit dem Internetportal „jugendschutz.net“ stellte die Bundeszentrale einen „Projektbericht zum Rechtsextremismus im Internet“ samt möglichen Gegenstrategien vor. Denn: „Die bpb engagiert sich an zahlreichen Orten und gemeinsam mit vielen Partnern. Was uns verbindet, ist ein Ziel: die Ausbreitung des Rechtsextremismus zu stoppen.“

Bereits im Jahresbericht 2007 der Bundeszentrale, in dem allein dem Kampf gegen Rechtsextremismus sowie der „Prävention rechter Gewalt“ ein eigenes Kapitel gewidmet ist, heißt es wörtlich: „Das Internet ist für rechtsextreme Einzelpersonen, Gruppierungen und Parteien zu einer wichtigen Propaganda-Plattform geworden. Sämtliche Dienste des Internets werden genutzt, um rechtsextreme Thesen, rassistische und antisemitische Parolen oder Hetzschriften gegen Minderheiten zu verbreiten. Die Aufgabe von jugendschutz.net besteht darin, Online-Angebote zu überprüfen, die Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung gefährden oder beeinträchtigen könnten. Als Hauptförderer unterstützt die bpb dieses Engagement gegen Rechtsextremismus im Internet.“

Von einem vergleichbaren Engagement gegen den Linksextremismus ist indes nicht die Rede, obwohl laut Eigendarstellung „politischer Extremismus“ in jeglicher Form zu den Schwerpunktthemen der Bundeszentrale gehört. Im Gegenteil. Bei ihrem „Kampf gegen Rechts“ beruft sich die staatliche Institution zunehmend auch auf Autoren und freie Mitarbeiter, die ihrerseits beispielsweise für das Antifa-Blatt Der Rechte Rand – Informationen von und für AntifaschistInnen schreiben, das vom Bundesinnenministerium als linksextremistische Publikation bezeichnet wird.

CDU-Bundstagabgeordnete Köhler interveniert

Auf ihren Literaturseiten empfiehlt die BpB etwa das „Handbuch deutscher Rechtsextremismus“, zu dem Eduard Lintner (SPD) 1998 im Bundestag feststellte: „Eine größere Zahl der Autoren des Sammelbandes ‘Handbuch deutscher Rechtsextremismus’ ist im Zusammenhang mit linksextremistischen Bestrebungen bekannt geworden.“ Darunter seien neben Mitgliedern der DKP auch „Personen der autonomen/antiimperialistischen Szene sowie ständige Autoren in linksextremistischen bzw. linksextremistisch gesteuerten Publikationen“. Bereits im vergangenen Jahr beklagte die Bundestagsabgeordnete Kristina Köhler (CDU) in einem Schreiben, das der JUNGE FREIHEIT vorliegt, die BpB habe „in der Tat wiederholt die Äquidistanz zu extremistischen Gruppierungen vermissen lassen“. Köhler, die dem Kuratorium der Bundeszentrale angehört, verwies dabei auf Beiträge in Online-Dossiers, die nach Beanstandungen entfernt worden sind. Dazu zählte auch ein die gewaltbereite „Antifa“ verharmlosender Artikel von Holger Kulick, dem Redaktionsleiter der Internetseite „Mut gegen rechte Gewalt“. Doch die Zusammenarbeit wurde offenbar nicht vollständig eingestellt: Das am 24. August erschienene und von Kulick mitherausgegebene „Buch gegen Nazis“ entstand in Kooperation mit der Bundeszentrale.

Auch bei dem von der BpB geförderten jugendschutz.net ist diese einseitige Ausrichtung zu beobachten. So wird hier eine Beschwerde-„Hotline“ angeboten, bei der „illegale, jugendgefährdende oder entwicklungsgefährdende“ Inhalte gemeldet werden können. Das Internetformular weist unter der Rubrik „Art der Beschwerde“ folgende Punkte auf: „Anfrage, Kinderpornographie, Pornographie, Rechtsextremismus, Sonstiges“.

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