© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  34/09 14. August 2009

Frisch gepresst

Braunauer. „Möge er uns bleiben, was er uns ist und was er uns immer war: Unser Hitler!“ So lautete die rituelle Schlußformel der Geburtstagsrede, die Joseph Goebbels bis zum 19. April 1945 alljährlich am Vorabend von „Führers Geburtstag“ hielt. Trotzdem haben der Journalist Martin Haidinger und der pensionierte Verwaltungsjurist Günther Steinbach keine späte Anleihe beim Reichspropagandaminister getätigt. Vielmehr reklamiert das von ihnen verwendete Possessivpronomen ironisch klingende Ansprüche zweier Alpenrepublikaner auf „ihren“ Landsmann, von dem Preußen mit ähnlich klaren Abgrenzungsbegierden einst behaupteten, er sei die „Rache für Königgrätz“. Von Ironie ist der Inhalt ihres Werkes aber weitgehend frei. Vor allem können sich die beiden Hobby-Historiker nicht entscheiden, was sie dem Leser eigentlich vermitteln wollen: Aufklärung über den Ablauf des „Anschlusses“, über Hitlers Fähigkeiten zur Massenbeeinflussung, über die sozialpsychologischen „Grundhaltungen“ der „Ostmärker“ im Jahre 1938, über die Judenverfolgung, den kommunistischen Widerstand? Von all dem findet sich etwas, aber nie etwas, was man nicht schon wüßte. Zwischendrin erlebt der Leser muntere Sprünge, hinüber zu den Berliner Olympischen Spielen von 1936, zurück zum „Antisemitismus“ im Habsburgerreich oder sogar ganz weit zurück zur „Entdeckung des Volkes“ um 1800. Der Plauderton der Autoren soll vermutlich unterhalten, wirkt aber über weite Strecken nur wie einschläferndes Caféhaus-Gemurmel (Unser Hitler. Die Österreicher und ihr Landsmann. Ecowin Verlag, Salzburg 2009, gebunden, 379 Seiten, Abbildungen, 24 Euro).     

 

Kaiserjäger. „Offiziere dürfen Waffen behalten, alles andere ist abzugeben. Sehr gedrückte Stimmung, viele Offiziere weinen“, schrieb am 8. November 1918 der letzte Kommandeur des ersten Kaiserjäger-Regiments, Oberst von Cordier, in sein Tagebuch. Fast fünfzig Monate Krieg lagen hinter den vier österreichischen Kaiserjägerregimentern. 560 gefallene Offiziere, 13.940 erfaßte und rund 7.000 als vermißt gemeldete oder in Gefangenschaft geratene Soldaten war die bittere Bilanz. Schon im September 1914 hatte das 2. Regiment der Kaiserjäger in den Kämpfen um Hujcze (Galizien) etwa achtzig Prozent seiner ursprünglichen Stärke eingebüßt. Weitere blutige Einsätze folgten, wie in der Schlacht von Gorlice-Tarnow an der Ostfront und später am Isonzo gegen die Italiener. Anhand von Regimentsgeschichten und Tagebucheintragungen von Cordiers liefert Anton Graf Bossi-Fedrigotti eine umfassende Darstellung der Geschichte der Kaiserjäger im letzten Krieg des k.u.k.-Reiches (Die Kaiserjäger im Ersten Weltkrieg. Ares Verlag, Graz 2009 Neuauflage, gebunden, 500 Seiten, Abbildungen, 29,90 Euro).

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