© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/09 24. Juli / 31. Juli 2009

Aus Bruno wird Aydan
Hamburg: Ein Buch, das Kindern die Demokratie erklären soll, wird dem Zeitgeist angepaßt
Torsten Uhrhammer

Mädchen in rosa T-Shirts, Familien mit Vater, Mutter und Kind, und ein Rednerpult. Wer solche Inhalte in einem Kinderbuch für unbedenklich hält, ist in Hamburg mittlerweile politisch unkorrekt.

Doch der Reihe nach: Für Schüler der ersten und zweiten Klasse gibt die Hamburger Bürgerschaft zusammen mit dem Carlsen-Verlag das Buch „Politik und Demokratie“ in der Reihe Pixi Wissen heraus. In kurzen Texten und Bildern wird erklärt, was ein Parlament ist und worin sich eine Diktatur von einer Demokratie unterscheidet. Das Kinderbuch gibt es nicht im freien Handel, sondern wird direkt und kostenlos an Hamburgs Schulen angeboten. Im Juli vergangenen Jahres ging die erste Auflage von 6.000 Stück innerhalb einer Woche weg.

So weit, so gut, doch nun traten die Gender Mainstreamer und politisch Korrekten auf den Plan. Das im Buch dargestellte Familienbild aus Vater, Mutter und zwei Kindern sei zu traditionell. Auch daß ein Mädchen rosa trägt, entspräche zu stark gängigen Geschlech-terklischees. Man solle das Buch doch einmal richtig „durchgendern“, meint die Fraktionschefin der Hamburger Grünen, Nebahat Güclü.

Aber die Grünen stehen nicht allein mit ihrer Kritik. Auch in SPD und CDU haben Abgeordnete nun plötzlich Änderungswünsche am eben noch hochgelobten Pixi-Buch. Zu männlich und zu deutsch, findet die SPD das Büchlein, und die CDU hätte gern auch Behinderte abgebildet.

Dem Carlsen-Verlag werden die Änderungswünsche nun zur Überarbeitung übermittelt: Aus dem dargestellten Kanzler wird nun eine Kanzlerin. Das rosa T-Shirt wird ein blaues. Der deutsche Schüler Bruno, der sich zum Klassensprecher wählen lassen möchte, wird zum türkischen Mädchen Aydan. Der kleine Rick bekommt einen Zopf und wird ab sofort Swetlana genannt. Der abgebildete Stimmzettel läßt ab der für diesen Sommer geplanten Auflage die Wahl zwischen Kandidaten und Kandidatinnen, und auch ein Kind im Rollstuhl soll auftauchen. Ins Parlament zieht ein Afro-Deutscher ein, und das Rednerpult heißt künftig „Redepult“, um die sprachliche Benachteiligung von Frauen auszuschließen. Da erscheint es fraglich, ob das bisherige Fehlen von Transsexuellen und in Abschiebehaft sitzenden Asylbewerbern in der dritten Ausgabe des Kinderbuches behoben werden kann. Vielleicht bringt die CDU ja noch einen Antrag ein.

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