© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/09 24. Juli / 31. Juli 2009

Haschemi Rafsandschani ist die graue Eminenz im Land. Bringt er die Wende im Iran?
DerMacher
Günther Deschner

Er hat fast alle wichtigen Posten bekleidet, die die Islamische Republik zu vergeben hat: Ali Akbar Haschemi Rafsandschani, Jahrgang 1934, war Parlamentspräsident, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und zweimal Staatspräsident. Als er jedoch 2005 noch einmal antrat, unterlag er dem damals fast unbekannten Mahmud Ahmadinedschad. Doch schon zwei Jahre später wurde er Vorsitzender des „Expertenrates“, der den „Obersten Führer“, das geistliche Oberhaupt und somit den mächtigsten Mann Irans bestimmt und kontrolliert.

Rafsandschani trägt den weißen Turban und die wehende Ajatollah-Robe mit Stil. Man hat ihn „das glattrasierte Gesicht der Revolution“ genannt. Allein schon wegen seines elegant-würdevollen und souveränen Auftretens konnten westliche Diplomaten mehr mit ihm anfangen als mit anderen Größen der iranischen Revolution. Doch seine lässige Eleganz kann täuschen: Als Politiker im Machtgefüge der Islamischen Republik war er niemals nachgiebig und schon gar nicht harmlos – und er ist es auch jetzt nicht. Im Iran gilt er als Königsmacher und graue Eminenz mit vielen Gesichtern. Er ist Kleriker, Revolutionär und reicher Unternehmer, und überall hat er mehr erreicht als andere.

Die Karriere begann für den Grundbesitzersohn in Ghom, hundert Kilometer von Teheran entfernt, einer Kaderschmiede des schiitischen Islam. Dort wurde der 14jährige Schüler und Weggefährte des Ajatollahs und späteren Revolutionsführers Khomeini. Er saß drei Jahre in Haft, doch nach der Revolution machte ihn Khomeini zum zweitmächtigsten Mann im Staat.

Auch wirtschaftlich konnte Rafsandschani vom Sieg der Revolution profitieren. Mit Hilfe seiner Familie und Beziehungen baute er ein Wirtschaftsimperium auf. Er, seine Söhne und Töchter beherrschen ganze Wirtschaftszweige: Öl- und Gasfirmen, Privatuniversitäten, eine Fluggesellschaft – und das lukrative Pistazienhandelsmonopol. Der reichste Mann des Iran ist ein Macher, der die Fäden zieht und über den das Magazin Forbes schrieb, er halte „mehr oder weniger die Islamische Republik am Laufen“. Doch sein größtes Kapital, das ihn fast unangreifbar macht, ist die enge Beziehung zu dem zum Mythos gewordenen Republikgründer Khomeini.

Nach längerer Zurückhaltung kehrte er drei Monate vor der Präsidentschaftswahl zurück in die Politik. Er unterstützte die Kandidatur Mir Hussein Mussawis und bezog im Streit über den vermuteten oder tatsächlichen Wahlbetrug Position gegen den „Obersten Führer“ Ali Khamenei. Als Prediger eines der größten Freitagsgebete, die es je in Teheran gab, stellte er sich vergangene Woche offen auf die Seite der Reformbewegung, sprach von einer „Krise der Islamischen Republik“, attackierte den „Wächterrat“ und selbst Ali Khamenei – mit dem drohenden Unterton, auch dessen Position sei in der Islamischen Republik „eine gewählte“. Viele sehen in Rafsandschani jetzt den Mann, der im Iran die Wende bringen könnte. 

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