© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30/09 17. Juli 2009

Klaus Schroeder ist Deutschlands Fachmann Nummer eins für den SED-Unrechtsstaat
Fels in der Brandung
Ekkehard Schultz

Zwanzig Jahre nach dem Ende der DDR sind möglicherweise noch rund 17.000 ehemalige Stasi-Mitarbeiter und höhere SED-Parteikader im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik beschäftigt (siehe auch Seite 2). Selbst Fachleute zeigen sich von der Zahl überrascht. So sprach Klaus Schroeder, Leiter des „Forschungsverbundes SED-Staat“ ( http://www.fu-berlin.de/fsed ) an der Freien Universität Berlin von einer „Dimension, die keiner geahnt hat“ – auch wenn etwa der Berliner Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen die Zahl als „abenteuerlich“ anzweifelt.

Allerdings gehört der 1949 in Travemünde geborene Schroeder zu den bedeutendsten DDR-Forschern und zeichnete sich im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen stets durch eine klare Verurteilung der SED-Diktatur aus.

Diese Haltung kam schon bei Gründung des Forschungsverbundes 1992 zum Ausdruck. Diese sollte einen bewußten Bruch mit den Achtundsechziger-Traditionen der westdeutschen DDR-Forschung der achtziger Jahre markieren. Darin war der diktatorische Charakter des kommunistischen Regimes weitgehend verschleiert worden, während die vermeintlichen sozialen Errungenschaften des SED-Staates eine hohe Würdigung erfuhren, was Schroeder massiv kritisierte. Ebensowenig hielt der Politologe mit Äußerungen über Fachkollegen, die sich vor dem Mauerfall durch geringe Distanz zu den DDR-Machthabern ausgezeichnet hatten, hinterm Berg. 

Die Weisheit, das getroffene Hunde bellen, sollte sich schnell bewahrheiten. So stellte für den ebenfalls an der FU Berlin lehrenden linksorientierten Historiker Wolfgang Wippermann der Forschungsverbund von Anfang an nichts weiter als eine Nachfolgeorganisation der „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ (KgU) der fünfziger Jahre dar, die damals den Kampf gegen den Kommunismus aufnahm – von Wippermann aber nachträglich des „McCarthyismus“ bezichtigt wird. Und der Sozialhistoriker Jürgen Kocka diffamierte 1997 den Forschungsverbund gar als ein Sammelbecken von „Meistern der politischen Demagogie“, als „Autoren von Halbwahrheiten und Verzerrungen ... ohne jede Glaubwürdigkeit und Seriosität“.

Bemerkenswert, daß Schroe­der trotz solcher Kampagnen, die mit einer tribunalartigen Tagung der Antifa gegen den Forschungsverbund im Herbst 1998 an der FU ihren vorläufigen Höhepunkt erreichten, seine Arbeit unbeirrt fortsetzen konnte. So stieß etwa 2008 seine Studie „Soziales Paradies oder Stasi-Staat?“, in der nicht nur die mangelhaften DDR-Kenntnisse heutiger Schüler und Studenten, sondern auch die gesellschaftliche Tendenz zur Verniedlichung der SED-Diktatur erstmals belegt wurden, auf großes öffentliches Interesse.

Freilich stach Schroeder in ein Wespennest: Die für Berlin wenig rühmlichen Ergebnisse konterte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit mit dem Verweis auf die vermeintlich unzureichende Wissenschaftlichkeit des Forschungsverbundes. Also alles wie gehabt.