© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/09 10. Juli 2009

Bundeswehr
Ehrung für den Dienst
Dieter Stein

Deutschland tut sich schwer mit dem kriegerischen Ernstfall. Das hat Gründe. Zwei verlorene Weltkriege, Millionen gefallener Soldaten, Mißbrauch des Soldatentums – gerade die meisten Landser, die die Hölle des letzten Krieges überlebt hatten, sagten „Nie wieder!“, als es in den 1950er Jahren an die Wiederbewaffnung ging. Während in der DDR die NVA viel unkomplizierter an deutsche Militärtraditionen anknüpfte, sogar weitgehend die Uniform der Wehrmacht übernahm und an der Neuen Wache mit Stechschritt paradierte, quälte sich die Bundeswehr mit der Traditionsfrage von Anbeginn über die Maßen.

In einer zentralen Symbolentscheidung ordnete sich die Bundeswehr jedoch bruchlos in die preußisch-deutsche Militärtradition ein, so daß anderes zweitrangig blieb: das Bekenntnis zum Eisernen Kreuz als dem Hoheitszeichen der deutschen Armee. Das Kreuzsymbol geht in Deutschland zurück auf die Ordensritter der Kreuzzüge. Preußens König Friedrich Wilhelm III. schuf das Eiserne Kreuz als Tapferkeitsorden für Soldaten, die sich in den Befreiungskriegen gegen die napoleonische Besatzung ausgezeichnet hatten. Gestaltet von Karl Friedrich Schinkel und in Eisen gegossen, war dies Symbol deutscher Tapferkeit und Wehrbereitschaft, aber auch preußischer Schlichtheit und Sparsamkeit.

Ursprünglich verzichtete die Bundeswehr ganz auf eigene Orden, führte erst 1980 nach zäher Diskussion Ehrenzeichen und -medaillen für langgediente Soldaten bei herausragender Leistung ein. Diese Zeichen integrieren das Symbol des Eisernen Kreuzes, „zivilisieren“ es jedoch durch den Bundesadler. Das Eiserne Kreuz selbst blieb bislang der Tapferkeit im Kriege vorbehalten.

Die Frage einer Tapferkeitsauszeichnung stellte sich neu, als Soldaten der Bundeswehr erstmals in Kampfeinsätze entsandt wurden, 1999 im Kosovo und insbesondere ab 2002 in Afghanistan. Soldatentum, Tapferkeit, Opfer, Stolz und Ehre – alles heikle Begriffe, bei denen der zivilgesellschaftlich eingenordete Bundesbürger nervös zu werden droht.

Die Frage, welchen politischen Sinn der Afghanistan-Einsatz hat, ist die eine, die Frage der Anerkennung des Dienstes und des Opfers, das Soldaten für ihre Einheit, für ihre Nation bereit sind zu leisten, eine grundsätzlich andere. Daß die Bundesregierung sich dazu durchgerungen hat, nicht nur ein Denkmal für in Auslandseinsätzen gefallene Soldaten zu errichten, sondern auch eine Tapferkeitsauszeichnung zu schaffen, die besonderen Mut und Einsatz würdigt, war überfällig und ist zu begrüßen.

Von Beobachtern wurde verwundert registriert, daß es am Montag nicht der Bundespräsident oder der Verteidigungsminister war, sondern die Bundeskanzlerin, die Hauptfeldwebel Jan Berges, Hauptfeldwebel Alexander Dietzen und Hauptfeldwebel Henry Lukacs sowie Oberfeldwebel Markus Geist das „Ehrenkreuz für Tapferkeit“ aushändigte. Befinden wir uns doch im Krieg, in dem die Bundeskanzlerin nach dem Grundgesetz Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist?

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