© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/09 03. Juli 2009

„Spiegel TV“-Dokumentation: Der letzte Sommer der DDR
Platz für Geschichten, die vergessen und verdrängt wurden
Christian Dorn

Zwanzig Jahre nach 1989 gilt für viele Medien das Motto Tracy Chapmans: „Talkin’ about a revolution“. In besonders ausgreifender Form, mit vier Stunden Sendezeit, trifft das auf die „Spiegel TV“-Dokumentation zu, die den mißverständlichen Titel „Der letzte Sommer der DDR“ trägt. Denn genau genommen war dieser 1990 – ein historischer Zwischenraum, der popmusikalisch mit am trefflichsten reflektiert wurde von der Cottbusser Band Sandow: etwa im ironischen Song „Born in the G.D.R.“, oder im Titel „Happy people in bad cars“, der an jene denken läßt, die mit dem Trabant in die Freiheit fuhren.

Der Sänger der Gruppe, Kai Uwe Kohlschmidt, äußert sich in der Sendung ebenso wie etwa der unvermeidliche Sebastian Krumbriegel von den Prinzen oder der Popmusiker Dirk Zöllner. Gemeinsam mit zwölf weiteren Prominenten erinnern sie sich an ihren letzten Sommer vor dem Mauerfall – Monate des Aufbruchs und Protests, des Neubeginns und Abschieds. Dabei sind es kaum die V.I.P.s des DDR-Kosmos gewesen, die den Zerfall des Regimes beschleunigten, sondern die Flüchtlinge und – später – die Menschen auf der Straße. So bekennt denn auch die Schauspielerin Katrin Saß, die in dem Nostalgiestreifen „Good bye, Lenin“ eine linientreu dahinscheidende DDR-Funktionärin spielte: „Es war nach 40 Jahren fällig, daß ein paar Menschen das für uns getan haben, uns endlich mündig zu machen.“

Beispielhaft hierfür sind die erschütternden Schicksale derer, die für ein Leben in der Freiheit lieber ihr Leben riskierten, als in den Arbeiter- und Bauernstaat umzukehren. Aus Hunderten Kassetten hat der Autor Thomas Schaefer eine einzigartige Chronologie mit zum Teil unveröffentlichtem Bildmaterial erstellt, die tiefergehende Einblicke ermöglicht: viel Platz für die bewegenden Geschichten, die in den letzten 20 Jahren vergessen und verdrängt wurden.

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