© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/09 03. Juli 2009

Frisch gepresst

Handke und Serbien. Der Büchner-Preisträger Peter Handke machte es seinem Publikum nicht einfach, als er 1995 mit einem „winterlichen“ Reisebericht „zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina“ seine ganz eigene Sicht auf den Jugoslawien-Krieg formulierte. Die Massengräber serbischer Kriegsverbrechen von Srebrenica waren noch frisch im Gedächtnis, da tönte Handke arrogant und subjektiv über „feind- und kriegsbildverknallte, mitläuferische“ Kommentatoren, die die Nato-Eingriffe gegen die serbischen Milizen in Bosnien goutierten. Mit seiner Forderung nach einer „Gerechtigkeit für Serbien“ wurde der linke Kärntner zunehmend zum Außenseiter der Literaturszene, dem seine „Verniedlichung von Völkermord“ (Michael Thumann 1996 in der Zeit) ebenso vorgeworfen wurde wie seine unreflektiert proserbische Haltung. Als der „monomane Terrorist“ (André Glucksmann im Corriere della Sera) später dann auch noch das Milošević-Regime in Schutz nahm, als westliche Politiker mit dessen angeblichen Hufeisenplänen und Konzentrationslagern Kriegspropaganda machten, wurde Handke endgültig als „Spinner“ abgestempelt. Der Innsbrucker Germanist Kurt Gritsch hat nun in einer erhellenden Arbeit die damalige Feuilleton-Debatte nachgezeichnet und sie auch mit der deutschsprachigen Balkanberichterstattung verglichen. Egal wie man zu Handke und seinen Thesen stehen mag, ist man in Anbetracht der dargelegten meutenhafen Reflex­haltigkeit und der opportunistischen Oberflächlichkeit „kritischer Journalisten“ versucht, angewidert in das Lager des einst Geschmähten überzulaufen (Peter Handke und „Gerechtigkeit für Serbien“. Eine Rezeptionsgeschichte. Studien Verlag, Innsbruck 2009, broschiert, 26,90 Euro).

 

Hofer und Südtirol. Das Gedenken an den Aufstand des Sandwirts Andreas Hofer gegen die französischen Okkupanten vor zweihundert Jahren hat in Tirol über die historische Betrachtung immer noch eine politische Botschaft: die durch äußere Zwänge hergestellte Teilung des Landes zu überwinden. In der Ausgabe 194 der Eckartschriften zeichnen die Historiker Andreas Raffeiner, Martin Sendor und der Südtiroler Politiker Sven Knoll die Rezeption des Freiheitskampfes in der Vergangenheit nach. Interessant ist dabei die Tatsache, daß das nach 1919 in enger Verbindung zur Südtirolfrage propagierte deutsch-nationale Gedenken an Hofer nicht nationalsozialistisch diskreditiert wurde – im Gegenteil war diese strukturell stets „antifaschistisch“. Die Autoren schließen ihre historische Schau mit einem politischen Maßnahmenkatalog zur weiteren Annäherung der getrennten Tiroler Provinzen (Andreas Hofer. Sein Erbe – 200 Jahre später. Verlag Eckartschriften, Ausgabe 194, Wien 2009, broschiert, 112 Seiten, Abbildungen, 8,20 Euro).

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