© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/09 03. Juli 2009

UMWELT
Zuviel Zukunft ist schon verspielt
Volker Kempf

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben – auch den USA geht es nun so. Da Energie – trotz Hochpreisphasen – extrem billig war, verdrängten Auto und Flugzeug den einst dominierenden Bahnverkehr. Zersiedelung sowie eine energieintensive Wirtschaft und Infrastruktur waren die Folge. 1971 rettete die Gründung der halbstaatlichen Amtrak den US-Personenzugverkehr – auf dem Niveau eines Dritt-Welt-Landes. Nach dem 11. September 2001 und angesichts hoher Ölpreise setzte ein Nachdenken ein. Der kreditfinanzierte und umweltschädliche American Way of Life mündete 2008 in die Finanz- und Wirtschaftskrise. Präsident Barack Obama verspricht nun optimistisch lächelnd den „Green New Deal“ für den Klimaschutz.

25 Milliarden Dollar sollen in Elektroauto-Fabriken fließen – für die Bahnmodernisierung gibt es bislang nur einen umstrittenen „13-Milliarden-Plan“. Letzteres wäre bestenfalls ein Anfang. Und zusätzliche Maßnahmen, etwa für die energieintensive Landwirtschaft, müßten folgen. Doch wo früher in der „Falle des Kurzzeitdenkens“ (Irenäus Eibl-Eibesfeldt) sitzend viel Gegenwart verspielt wurde, ist heute nicht mehr viel in die Zukunft zu investieren. Deutschland könnte es leichter haben, weil es schon lange mit fossilen Energieträgern haushälterischer umging, was sich bei nun wieder steigenden Ölpreisen auszahlt. Allerdings wird dieser Vorteil finanzpolitisch verspielt, weil mehr Geld ausgegeben wird, als zur Verfügung steht. Milliarden fließen wie in den USA in kurzfristige Rettungsaktionen. Das ist schwindelerregend, um so mehr sehnen sich viele nach einem optimistischen Lächeln. Doch Optimismus ist nur eine oberflächliche Weltanschauung; die verspielte Zukunft läßt sich davon nicht täuschen.

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