© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/09 26. Juni 2009

Frisch gepresst

Marktwirtschaft. „Was wir von der Stellung des Menschen im Universum denken, bestimmt schließlich darüber, ob wir den Menschen als je einzelnen oder die ‘Gesellschaft’ zum primär-sinngebenden Element machen.“ An dieser „Wasserscheide des politischen Denkens“ hat der Nationalökonom Wilhelm Röpke (1899–1966) nie seinen Standort als Nicht-Sozialist verleugnet, wie er es auch in seinem richtungsweisenden Aufsatz „Der Mensch, nicht der Eintopf“ von 1951 bekennt. Auch wenn der geistige Vater der Sozialen Marktwirtschaft die Gesetze von Angebot und Nachfrage nie zur allumfassenden Doktrin erhob, blieben ihm staatlicher Interventionismus oder ein „Zwangswohlfahrtsstaat“ immer suspekt. Insofern würde Röpke wohl nur verständnislos den Kopf schütteln, wenn er die hilflose Politik einer „Sozialisierung der Verluste“ zu Lasten des Bürgers von heute – und erst recht jener von morgen – im Zuge der Finanzkrise beobachten müßte, die selbst im bürgerlichen Lager nicht davor zurückschreckt, mit Steuermillionen Versandhauskataloge drucken zu lassen. Ebensowenig würde dem großen deutschen Volkswirt die staatliche Entmündigung vieler „Transfergeldempfänger“ zu „Kunden“ am Hartz-IV-Schalter behagen, die zudem noch die immer schmaler werdenen Schultern der Mittelschicht belastet. Wider diese wirtschaftlichen Verirrungen sind die jetzt neu herausgegebenen 36 Aufsätze Röpkes ein ausgezeichnetes Antidot, das vor allem Wirtschaftspolitikern aller Parteien verabreicht werden sollte (Marktwirtschaft ist nicht genug. Gesammelte Aufsätze. Manuscriptum Verlag, Waltrop und Leipzig 2009, gebunden, 464 Seiten, 24,80 Euro).

 

DDR-General. Der Vogtländer Karl-Heinz Schmalfuß, Jahrgang 1929, also knapp Flakhelfergeneration, wuchs praktisch mit Abi­tur, Studium und Tätigkeit als Junglehrer in das mitteldeutsche Sozialismusprojekt hinein und war schnell davon überzeugt. Mit seinem Eintritt 1955 in die „bewaffneten Organe“ legte er den Grundstein für eine beachtliche Karriere, die ihn bis 1990 zum Generalleutnant und Stellvertreter des „Ministers für Bereitschaften/Kampfgruppen“ werden ließ. Seine jetzt erschienenen „Innenansichten“ (30 Jahre Dienst im Ministerium des Innern der DDR. Ein General meldet sich zu Wort. Helios Verlag, Aachen 2009, gebunden, 184 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro) ähneln dann auch anderen Nach-Wende-Werken von „Funktionsträgern“ der DDR, die trotz erhellender und teils kritischer Schilderung aus dem Räderwerk des Systems nicht „die eigene Biographie“ verwerfen und somit also keinen Ort irgendeiner „Aufarbeitung“ darstellen. Deshalb werden Schmalfuß‘ Rückblicke auch erst dann richtig fesselnd, wenn er aus dem Nähkästchen der Umbruchzeit 1990 plaudern kann.

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