© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/09 19. Juni 2009

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„Konstruierte Mythen“: Das Thorner Blutgericht

BERLIN. Das „Thorner Blutgericht“ von 1724 ist auch nach 1945 noch häufig als Vorschein auf die deutsch-polnischen Nationalitätenkämpfe des 19. und 20. Jahrhunderts verstanden worden. Zu Unrecht, wie die Leipziger Osteuropahistorikerin Martina Thomsen meint (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 4/09). Denn die zehn protestantischen deutschen Bürger der Weichselstadt, die ein Warschauer Tribunal wegen eines antikatholischen „Tumults“ zum Tode verurteilt hatte, seien Opfer eines Religionskonflikts gewesen. Erst 160 Jahre später hätten protestantisch-deutsche Historiker und Theologen diesen konfessionellen in einen nationalen Antagonismus uminterpretiert. Nicht zuletzt durch Bismarcks Kampf gegen den „ultramontanen Polonismus“ seien katholische Geistlichkeit und protestantische Pastorenschaft im deutsch-polnischen Spannungsfeld bereits hinreichend politisiert gewesen. Beide Seiten benutzten die Geschichte West- und Ostpreußens daher zur Legitimierung politischer Ansprüche. Exemplarisch spiegele sich diese Instrumentalisierung im Disput über das „Blutgericht“ wider, den der Thorner Pastor Franz Georg Jacobi und der nahe Thorn amtierende Priester Stanislaw Kujot austrugen. Obwohl Thomsen konzediert, Jacobis „detailtreue“ Monographie von 1896 könne auch heute noch als „Standardwerk“ gelten, und obwohl sie dessen an Kujot gerichteten Vorwurf nicht entkräftet, die „jesuitische“ Verantwortung für den Justizmord von 1724 verharmlosen zu wollen, glaubt sie es mit einem der „konstruierten Mythen und Schuldzuweisungen“ der „deutschen nationalprotestantischen Geschichtsschreibung“ zu tun zu haben.   

 

Erste Sätze

Die Geschichte der Gründungen und Emissionen von 1870 bis 1873 ist die Geschichte eines unerhört großen und frechen, raffinierten und intensiven Schwindels, wie er sonst noch nicht dagewesen.

Otto Glogau: Der Börsen- und Gründungsschwindel in Deutschland Leipzig, 1877

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