© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/09 19. Juni 2009

Frisch gepresst

Rudolf Smend. Sechzig Jahre Grundgesetz sind ein Anlaß, sich mit dem Göttinger Staatsrechtslehrer Rudolf Smend (1882–1975) zu beschäftigen. Jedenfalls scheint man gerade in letzter Zeit die Aktualität seiner „Integrationslehre“  beschwören zu wollen (JF 12/07). Und „Integration“, auf nationaler wie auf europäischer Ebene, ist ja nun wirklich das durch multikulturelle Experimentierfreudigkeit entstandene Problem unserer Politikerkaste und ihres sozialpädagogisch-medialen Begleitpersonals. Wenn Smends Werk Wege zur Lösung bereithält, dann aber leider keine dem herrschenden Geist der „Weltoffenheit“ genehmen. Denn ausgehend von seinem Opus magnum „Verfassung und Verfassungsrecht“ (1928) stieße man sich bei ihm an einem Integrationsverständnis, das mit dem „Zusammengehörigkeitsbewußtsein“ der Staatsangehörigen rechnet. Weit ab ist das nicht von den zu Tode zitierten „Voraussetzungen“,  Ernst-Wolfgang Böckenfördes kulturellen Beständen, von denen unsere Verfassung zehre, ohne sie garantieren zu können. Wie sehr die Staatstheorie Smends solche „höheren Bezüge“ (Thomas Mann) aufweist, versucht der Historiker Thomas Notthoff in seiner Münsteraner Dissertation zu erkunden, indem er nach „Fortführungen“ seines Verfassungsdenkens bei Wilhelm Hennis, Ulrich Scheuner, Horst Ehmke oder Böckenförde fragt, nach seiner „Verortung“ in der Politischen Wissenschaft (Max Weber, Hans Kelsen) und Smend schließlich sogar an die Seite von Goethe, Marcel Proust und Thomas Mann stellt, um seine spezifisch staatsrechtliche Antwort auf das „Kulturproblem der Moderne“ plausibel zu machen – für den Leser eine intellektuelle Herausforderung (Der Staat als „geistige Wirklichkeit“. Der philosophisch-anthropologische Aspekt des Verfassungsdenkens Rudolf Smends. Duncker &Humblot, Berlin 2008, 374 Seiten, 78 Euro).    

Uckermark. „Da wo Deutschland am schönsten ist“, schwärmt Nils Aschenbeck im Untertitel seines Bildbandes über den stillen brandenburgischen Winkel zwischen Berlin und Stettin. Tatsächlich ist den meisten Deutschen die Anmut dieser Endmoränenlandschaft bisher verborgen geblieben, die soviel Ähnlichkeit mit Masuren hat, nur daß dort auch heute noch Deutsch gesprochen wird. Weitere Parallelen haben diese ostelbischen Gegenden durch den mit Enteignung und Vertreibung der Landstände nach 1945 einhergehenden kulturellen Verlust, der auch in der Uckermark nach 1990 nicht vernarbt ist, wie Aschenbeck und Dai­sy Gräfin von Arnim im aktuellen zweiten Band des Gutshausführers darlegen (Uckermark. 60 Seiten, broschiert, 14,80 Euro; Gutshäuser & Schlösser in der Uckermark. 70 Seiten, Abbildungen, 12,80 Euro, beides Aschenbeck Verlag, Bremen 2009).

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