© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/09 12. Juni 2009

Ein Dorf entsteht
Liebe zum Detail
Toni Roidl

Kürzlich war in einem Blogbeitrag der Online-JF von „architektonischem Vandalismus“ die Rede. Tatsächlich gerieren sich viele Planer als städtebauliche Hooligans. Daß es auch ganz anders geht, beweist eine Unternehmensgruppe zu deren Kernkompetenz Architektur nur nebenbei gehört: Die britische McArthur Glen Group ist Europas führender Entwickler großer Fabrikläden („Outlets“). Das Besondere: Statt der typischen Glas- und Betonhallen heutiger Möbel- oder Heimwerkermärkte und „Center“ entstehen kleinteilige Gebäudeensembles mit Dorfcharakter. Die Gestaltung folgt den jeweiligen regionalen Traditionen. So ist das Center nahe Florenz eine malerisch-mediterrane Mischung aus Dogenpalazzo und Abruzzenstädtchen. Bei Berlin eröffnet nun am 18. Juni das erste McArthurGlen-Center in Deutschland. Statt „Moderne“ dominieren Fachwerk, Klassizismus und Gründerzeitfassaden, gepflasterte Gassen und gußeiserne Laternen. Daß sich dahinter Tausende Quadratmeter Ladenflächen verbergen, könnte man fast übersehen. Viele der Standorte, so im österreichischen Parndorf oder belgischen Roermond, haben sich bereits zu Touristenmagneten entwickelt. Brauchen die Menschen die kommerzielle Kopie, um das Original wieder zu schätzen?       

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