© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/09 12. Juni 2009

Land unter im Pazifik
Dem weltweit kleinsten Flächenstaat steht das Wasser bis zum Halse, während Ölscheichs künstliche Inseln bauen
Robert Backhaus

Es wurde still im Plenarsaal der UN-Vollversammlung in New York, als vorige Woche die Delegierte von Nauru, Marlene Moser, bewegt darüber Klage führte, daß der von ihr vertretene Staat in wenigen Jahren zur Gänze vom Erdboden verschwunden sein werde, buchstäblich verschluckt von den Fluten des Pazifischen Ozeans. Das sei eine Folge der Klimaerwärmung und des damit verbundenen Anstiegs des Meeresniveaus. Nauru liege schon überall nur noch wenige Zentimeter über dem Wasserspiegel, in spätestens zehn Jahren sei endgültig Schluß. „Für unser Volk ist das Problem überraschend wirklich“, sagte Marlene Moser. Die UN-Vollversammlung rief dazu auf, den kleinen Inselstaaten zu helfen.

 Nauru ist der kleinste Flächenstaat der Erde, eine winzige Insel im Pazifik, gut 20.000 Quadratkilometer groß, mit 13.000 Einwohnern gesegnet. Noch vor wenigen Jahren war es auch der Staat mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen. Denn die Insel ist (war) faktisch gänzlich auf Phosphat gebaut, der Verkauf des Phosphats machte die Nauruaner reich und faul und übermütig. Keiner sparte, alles wurde sogleich verfressen und zum Fenster hinausgeworfen. Heute, da die Phosphatvorräte erschöpft sind, herrscht krasse Armut.

Es wäre ein leichtes gewesen, in der Zeit der Fülle Maßnahmen gegen die schon damals absehbare und vielfach annoncierte Überschwemmung einzuleiten. Geld war dazu reichlich vorhanden. Man hätte denn ganzen Staat rundum mit einem hohen Wehr absichern können, so wie es die Holländer mit ihrer Zeudersee gemacht haben. Aber nichts geschah, rein gar nichts. Warum soll man einen solchen Staat eigentlich retten?

Immerhin, wenn man auch nur einen Bruchteil jener Gelder, die zur Zeit für den Bau protziger künstlicher Inseln vor dem arabischen Emirat Dubai ausgegeben werden, nach Nauru umleitete, wären dort Staat samt Territorium und Nationalflagge gerettet, und die Nauruaner kriegten keine nassen Füße mehr, wenn sie in den Garten gehen, um sich einige Kokosnüsse von den Palmen zu schütteln. Ihre Dankbarkeit gegenüber den Scheichs wäre überwältigend. Sie würden alle zum Islam übertreten.

Doch auch den Scheichs wird, wie man hört, die Kasse knapp, wegen der Finanzkrise und wegen der vielen riesigen Bauprojekte in der See. Die Scheichs haben zuviel angezettelt, während die Nauruaner überhaupt nichts anzettelten. Man sollte nun aufeinander zugehen und sich auf halbem Wege treffen.

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