© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/09 15. Mai 2009

Frisch gepresst

Christliches Europa. „Die Christenheit oder Europa“ – unter diesem Namen wurde Novalis berühmte Spätschrift bekannt. War hiermit die Identität von Europa als dem Herz der Christenheit gemeint, so scheint sich diese Bezeichnung heute auf eine Aporie zuzuspitzen. Entweder ein in der religiös-weltanschaulichen Tradition verwurzeltes Christentum oder aber ein aufgeklärtes und streng säkularisiertes Europa – zwischen diesen beiden Polen scheint es keine Vermittlung zu geben. Hier, im Spannungsfeld einer Identitätsfindung zwischen „Jerusalem, Athen und Rom“, setzt das Religionsforum Universität Fribourg ein, welches nun den zweiten Sammelband vorlegt. Themen wie europäische Identität, Verhältnis zur Türkei, Situation der Kirchen in den östlichen Ländern Europas sind grobe Klammern für die eigenständigen Beiträge. Nützlich ist bei dieser Heterogenität das gemeinsame Personenregister. „Heiße Eisen“ werden vermieden, so sind die Beiträge zum türkischen EU-Beitritt in ihrer ausnahmslosen Befürwortung recht tendenziös. Weniger Zugeständnisse an den Zeitgeist hätten dem sonst lesenswerten Gemeinschaftsprojekt zum Vorteil gereicht (Urs Altermatt, Mariano Delgado, Guido Vergauwen Hrsg.: Europa – ein christliches Projekt? W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2008, broschiert, 259 Seiten, 29,80 Euro).

 

Schill und Lützow. Den allermeisten dürften die Personen Ferdinand von Schill und Adolph von Lützow als herausragende Gestalten des Befreiungskampfes zwischen 1806 und 1813 gegen die napoleonische Fremdherrschaft geläufig sein, Schill als Verteidiger des belagerten Kolbergs, der nach ungestümen Aktionen gegen die Franzosen noch 1809 in Stralsund fiel, und natürlich Lützow durch seine „wilde verwegene Jagd“ und die auf die Uniform seiner „Schwarzen Jäger“ zurückgehende Nationalsymbolik. Der Militärhistoriker Klaus Ulrich Keubke und Uwe Poblenz haben jetzt eine ausführliche Würdigung der beiden Befreiungskrieger vorgelegt, die akribisch ihren unübersichtlichen Kampf in einer Chronologie nacherzählt. Dabei haben sie ihr Augenmerk sowohl auf die mecklenburgischen und pommerschen Kampforte gerichtet wie auch auf die vielen aus dieser Gegend stammenden Freiwilligen. Auch wenn die Nadelstichstrategie der etwa 3.500 Freikorpssoldaten quer durch Deutschland militärisch wenig bedeutsam war, kann man zumindest ihre moralische Wirkung auf die unterdrückten Deutschen nachempfinden. Dieses zeigt sich auch in der Rezeptionsgeschichte, die die Autoren kritisch, aber nicht beckmesserisch bis in die heutigen Tage aufbereiten (Die Freikorps Schill und Lützow im Kampf gegen Napoleon. Schriften zur Geschichte Mecklenburgs, Schwerin 2009, gebunden, 144 Seiten, Abbildungen, 20 Euro).

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