© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/09 01. Mai 2009

Diskussion um Islam-Professur
Kniende Haltung
von Rolf Stolz

So also sieht die Frucht der Drohungen muslimischer Fundamentalisten aus – die Lehrveranstaltungen des bereits geschaßten Münsteraner Islam-Professors Muhammad Sven Kalisch finden konspirativ statt, die Büros werden überwacht und die Studenten sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Willkommen im Club der Verfolgten, könnte man meinen. Willkommen im Club der nach Meinung konservativer Islamverbände allzu freien Kritiker. Während die Gladiatoren im Berliner Circus Maximus die zukünftige Scharia-Herrlichkeit begrüßen, gibt es selbst im Schoße der einzig wahren Religion Menschen wie Kalisch, die nicht alles glauben, was man ihnen vorschreiben will. Ob er im Detail recht hat (etwa mit seinen Zweifeln an der Existenz von Mohammed), ist zweitrangig.Wichtig ist: Er kann sagen, was er denkt; die ihn bedrohenden Fanatiker und deren Hintermänner werden bestraft und ausgewiesen; der Staat schützt sein Leben und die Freiheit von Forschung und Lehre bedingungslos. Minister Pinkwart behauptet nun lapidar, bei der Neubesetzung der vakanten Professur für muslimische Religionslehre auf „Einvernehmen mit den islamischen Verbänden“ zu setzen – ohne Kniefall. Nur: Wer stets auf dem Bauch dahin rutscht, der braucht sich in der Tat nicht erst zu kniender Haltung zu erheben.

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