© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/09 24. April 2009

Von der Vergangenheit eingeholt
Kroatien: Zwei neue Massengräber mit sterblichen Überresten von bis zu 6.000 Menschen entdeckt / Etwa 500 deutschen Wehrmachtssoldaten darunter
Alexander Rüstau

Nach dem letzten Fund eines Massengrabs (JF 12/09) in Slowenien nahe der untersteirischen Brauerei-Stadt Tüffer (Laško) wird nun auch Kroatien von der Erinnerung an die grausamen Verbrechen der Tito-Partisanen gegen Ende des Zweiten Weltkrieges heimgesucht. In sechs Höhlen bei Harmica in der Gespanschaft Krapina-Zagorje, nahe der slowenischen Grenze und unweit der Hauptstadt Zagreb, entdeckten Bauern beim Pflügen die Gebeine von möglicherweise rund 4.500 Menschen.

Laut einem Bericht der kroatischen Zeitung Jutarnji list handelt es sich bei den Opfern um Angehörige der kroatischen Ustascha-Bewegung, die sich auf der Flucht vor den Truppen von Marschall Josip Broz Tito befanden. Den kommunistischen Partisaneneinheiten war es im Mai 1945 gelungen, die Hauptstadt Zagreb zu besetzen. Unter den Toten sollen sich auch die sterblichen Überreste von 500 Wehrmachtsoffizieren befinden. Der Historiker Ivan Zvonimir Čičak von der kroatischen Sektion des Helsinki-Komitees für Menschenrechte erklärte gegenüber dem Jutarnji list, die Toten hätten der 39. („Blauen“) Division der Wehrmacht angehört.

In diesem Verband kämpften kroatische Soldaten unter deutschem Befehl. Ein zweites Massengrab wurde von Bauarbeitern im nördlichen Teil Kroatiens, im Grenzgebiet zu Ungarn nahe der Stadt Csakathurn (Čakovec/Csáktornya) gefunden. Hier sollen sich die Gebeine von weiteren 1.500 kroatischen Soldaten befinden. Die in den Massengräbern verscharrten Toten waren wie jene in Slowenien zuvor von den Tito-Truppen ermordet worden. Auch ihre Schicksalsspur führt ins österreichische Bleiburg, wo sich am 15. Mai 1945 rund 100.000 Menschen – hauptsächlich kroatische Heimwehr (Domobrani) und Ustascha-Angehörige, aber auch Soldaten der deutschen Wehrmacht – der britischen Besatzungsmacht ergaben und um Übernahme in britische Kriegsgefangenschaft sowie um Asyl für Zivilflüchtlinge baten, um nicht in die Hände der Tito-Partisanen zu geraten.

Die Briten, die den Gefangenen zuvor zugesichert hatten, sie nicht an Tito auszuliefern, brachen jedoch ihr Versprechen und übergaben sie den Partisanen, was ihrem Todesurteil gleichkam. Innerhalb einer Woche wurden 30.000 bis 40.000 Menschen von den Tito-Truppen hingerichtet.

Der Name der Kärntner Kleinstadt Bleiburg steht seitdem als Synonym für die Massenmorde der Partisanen. Alljährlich zum Jahrestag des Bleiburg-Massakers wird an einer von Auslandskroaten errichteten Gedenkstätte der Opfer  gedacht (JF 22/02). Seit der Unabhängigkeit Kroatiens 1991 nehmen auch regelmäßig Vertreter der Zagreber Regierung an diesen Gedenkveranstaltungen teil. Wie in Slowenien erscheint jedoch auch in Kroatien der Umgang mit den Massengräbern problematisch.

Čičak beklagt die mangelnde Unterstützungsbereitschaft der kroatischen Regierung bei der Identifizierung der Massengräber, der Bergung der Toten und der Aufarbeitung der Verbrechen. Bislang habe man mangels notwendiger finanzieller Mittel nur wenig daran tun können, so Čičak. Von den schätzungsweise 840 Gräbern in Kroatien seien bislang nur 23 untersucht worden.

Kroatiens Staatspräsident Stipe Mesić betonte die Notwendigkeit einer Untersuchung der Massengräber, warnte jedoch vor Überzeichnung. „Die Verbrecher, die für die Toten in diesen Gräbern verantwortlich sind, werden ermittelt und bestraft“, erklärte Mesić der Internet-Ausgabe des Jutarnji list. „Doch jede Übertreibung ist schädlich für das kroatische Volk.“ Čičak wirft Mesić nun vor, Titos Verbrechen zu relativieren. Im totalitären Jugoslawien habe man über diese Vorgänge schweigen müssen. Daß jedoch auch im heutigen Kroatien darüber geschwiegen werde, sei bemerkenswert. Es gehe keinesfalls darum, alle noch lebenden Partisanen vor Gericht zu stellen, sondern nur diejenigen, die für die Massenexekutionen verantwortlich seien. „Wenn unsere Generäle nach Den Haag ausgeliefert werden, um sie für Kriegsverbrechen zur Verantwortung zu ziehen, so kann dies auch mit den Partisanen geschehen“, meinte Čičak.

DVDs über die Thematik mit den Titeln „In der glühenden Lava des Hasses“ und „Titos mörderische Macht“ können beim Kärntner Heimatdienst (9020 Klagenfurt, Prinzhoferstraße 8, Telefon: 0043 / 463 54002) bestellt werden.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen