© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/09 20. März 2009

Frisch gepresst

Schlesien. Wenige deutsche Landschaften und Provinzen sind literaturhistorisch kartiert. Nach 1945 mied die akademische Germanistik dieses Thema, das ihr zu sehr „belastet“ schien mit „Heimat“ oder gar „Blut und Boden“. Völlig von ihrem Bildschirm verschwanden dabei die preußischen Ostprovinzen, deren historische Erforschung durch Deutsche noch heute als latent „revanchistisch“ eingestuft wird. Kein Wunder, daß die monumentale dreibändige „Geschichte der Literatur Schlesiens“ (1960–1974) von einem Gymnasiallehrer namens Arno Lubos (1928–2006), zuletzt Studiendirektor in Coburg, geschrieben wurde. In der verdienstvollen Reihe „Literarische Landschaften“, herausgegeben von Frank-Lothar Kroll, ist nun eine Sammlung teilweise noch unveröffentlicher Studien Lubos’ erschienen, deren Veröffentlichung dem schwerkranken schlesischen Literaturwissenschaftler trotz betriebsamer Tätigkeit in den letzten Lebensmonaten selbst nicht mehr vergönnt war. Die Beiträge wenden sich unter anderem dem „Heimaterlebnis Eichendorffs“, dem schlesischen „liberalen Schrifttums des 19. Jahrhunderts“, dem Beuthener Pastorensohn Jochen Klepper und dem Mundartdichter Ernst Schenke zu und werden von einer leider sehr knappen Arbeit über „Regionale Literaturhistorik“ begleitet, über die man vom hier unerreichten Meister Lubos gern mehr erfahren hätte (Literatur Schlesiens. Aufsätze und Vorträge. Verlag Dunker&Humblot, Berlin 2008, broschiert, 169 Seiten, Abbildung, 28 Euro).     

Großräume. Nachdem die von manchen „Weltstaats“-Enthusiasten gepflegte Illusion geplatzt ist, die nach 1989 einzig verbliebene Weltmacht USA möge sich  als „gütiger Hegemon“ der internationalen „Staatengemeinschaft“ erweisen, um die „Menschheit“ im „globalen Empire“ zu einen, erinnert man sich wieder an Carl Schmitts Modell einer multipolaren, aus einem halben Dutzend „Großräumen“ gefügten Weltordnung, das es nur vom zeitgeistbedingten Ballast seiner Entstehungszeit zu säubern gilt. Ist die Europäische Union ein solcher  „Großraum“? Was ist vom kaiserlich-japanischen Projekt einer „großasiatischen Wohlstandssphäre“ nach Hiroshima geblieben – mehr als nur die Vision eines japanischen Marxisten, die „neue Weltordnung“ an der „Achse Japan – China“ auszurichten? Beginnend mit einer Beleuchtung von Schmitts Großraumkonzept von 1939/41 steuern zwölf deutsche und ausländische Politologen in einem von Rüdiger Vogt herausgegebenen Sammelband auf die Beantwortung solcher aktuellen Problematiken der internationalen Politik zu (Großraum-Denken. Carl Schmitts Kategorie der Großraumordnung, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2008, broschiert, 265 Seiten, 39 Euro).

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